+ UPDATE: DFL HAT SICH AN KOSTEN FÜR POLIZEIEINSÄTZE ZU BETEILIGEN +
Das Bundesverwaltungsrecht (BVerwG) hat entschieden: Die Kostentragungspflicht für Polizeieinsätze bei sog. Hochrisikospielen trifft auch die Veranstalter, hier die DFL (BVerwG 9 C 4.18).
Die Entscheidung des BVerwG
Die Beteiligung der DFL an Polizeikosten bei Hochrisikospielen im Fußball ist rechtmäßig. Das stellte nun das BVerwG abschließend fest. Damit ist zumindest die Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid aus Bremen geklärt. Über die genaue Höhe der Kostenbeteiligung muss noch einmal das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen entscheiden. Hierzu wurde der Rechtsstreit an das OVG zurückverwiesen. Das OVG Bremen, welches 2018 in zweiter Instanz die Klage der DFL gegen den Gebührenbescheid abgewiesen hatte, muss nun klären, inwieweit Kosten für polizeiliche Maßnahmen gegen einzelne Störer aus der Gesamtsumme der Polizeikosten herausgerechnet werden müssen.
Nachdem das BVerwG feststellte, dass der DFL nicht als Störer in Anspruch genommen werden kann, führte das Gericht die Rechtsfigur des Nutznießers ein.
DFL als Nutznießer
Die DFL wird als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge in Anspruch genommen. Die Beteiligung des Veranstalters an den Kosten eines erheblichen Mehraufwands an Polizei sei dadurch gerechtfertigt, dass diese gerade aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung betrieben werden. Dieser zusätzliche Aufwand dürfe dem Veranstalter zugerechnet werden. Schließlich ist der Veranstalter für einen reibungslosen Ablauf seiner Veranstaltung verantwortlich.
Über die eingeführte Rechtsfigur des Nutznießers ist es nun möglich, auch Private an den Kosten eines Polizeieinsatzes zu beteiligen. Aber wann gilt man als Nutznießer? Dazu führte das BVerwG lediglich aus, dass es sich um eine kommerzielle Hochrisiko-Veranstaltung handeln muss, die einen erheblichen Mehraufwand an Polizei erfordere.
Hochrisiko-Veranstaltung und erheblicher Mehraufwand an Polizei
Laut bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz sind Hochrisiko-Veranstaltung solche, an denen mehr als 5000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen […] im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Ein erhöhter polizeilicher Aufwand liegt vor, wenn der für eine größere Veranstaltung vergleichbarer Art bei friedlichem Verlauf erforderliche Aufwand überschritten wird. Eine Zahlenmäßige Angabe ist dabei nicht erforderlich.
Da hier ausschließlich an Erfahrungswerte angeknüpft wird, ist für jede Veranstaltung eine Einzelwertung anzustellen. Auch wenn es sich bei der vorliegenden Entscheidung um eine Einzelfallentscheidung handelt und das bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz als Landesgesetz nur in Bremen Anwendung findet, hat das Urteil erhebliche Bedeutung für alle Veranstalter. Andere Bundesländer kündigten bereits an, eine ähnliche Lösung wie die in Bremen zu prüfen.
Seit das Bundesland Bremen Rechnungen an die DFL über die Erstattung der Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen schickt, wird über die Tragungspflicht solcher Kosten gestritten. Am 17.05.2017 erfolgte in der Sache ein erstes Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts (Urteil v. 17.05.2017 – 2 K 1191/16). Demnach muss sich die DFL nicht an den Kosten für zusätzliche Polizeikräfte bei Fußballspielen beteiligen.
I. Bremen und DFL im Streit um Polizeikosten
Ende 2014 hat Bremen auf Landesebene ein Gesetz zur Kostentragung bei Großveranstaltungen mit besonderem Gefahrenpotenzial und überwiegend kommerziellem Interesse (§ 4 Abs.4 BremGebBeitrG) beschlossen. Demnach sollen die Kosten für Polizeieinsätze für solche Veranstaltungen nicht mehr Sache des Landes sein, sondern in der Verantwortung des Veranstalters liegen. Konkret geht es dabei um die Kosten für sog. Hochrisikospiele, für die zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ein erhöhter Polizeieinsatz erforderlich ist. Von diesem Gesetz machte Bremen nach dem Spiel am 19.04.2015 zwischen Werder Bremen und dem HSV erstmals Gebrauch und schickte eine Rechnung über die Erstattung der Polizeikosten in Höhe von 425.818,11 € an die Deutsche-Fußball-Liga (DFL).
a) Warum gilt die DFL als Veranstalter?
Als Ligaverband der Deutschen Bundesliga entscheidet die DFL über die Spielpläne der Bundesliga. Dazu gehört die Entscheidung darüber wer gegen wen und wann spielt. Bei bestimmten Aufeinandertreffen besonders rivalisierender Fan-Gruppen ist dabei abzusehen, dass ein erhöhtes Ausschreitungsrisiko besteht. Diese Spiele werden als Hochrisikospiele eingestuft.
Wie zu erwarten lehnte die DFL die Erstattung der Kosten mit dem Argument ab, dass weder Verband noch Klub Verursacher oder Veranlasser von Gewalt sind.
b) Chronologie des Streits
- 2014 hat Bremen auf Landesebene ein Gesetz zur Kostentragung bei Großveranstaltungen mit besonderem Gefahrenpotenzial und überwiegend kommerziellem Interesse beschlossen (§ 4 Abs.4 BremGebBeitrG). Demnach sollen die Kosten für Polizeieinsätze für solche Veranstaltungen nicht mehr Sache des Landes sein, sondern in der Verantwortung des Veranstalters liegen. Konkret geht es dabei um die Kosten für sog. Hochrisikospiele, für die zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ein erhöhter Polizeieinsatz erforderlich ist.
- 2015 machte Bremen von diesem Gesetz nach einem Spiel zwischen Werder Bremen und dem HSV erstmals Gebrauch und schickte eine Rechnung über die Erstattung der Polizeikosten iHv 425.818,11 € an die DFL.
- 2016 reichte die DFL eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Bremen gegen den Gebührenbescheid ein. Das VG Bremen entschied, dass die DFL sich nicht an den Kosten für den Polizeieinsatz beteiligen muss. Die Entscheidung begründete das Gericht damit, dass die Kosten aufgrund einer unbestimmten Gebührenberechnungsmethode ermittelt wurden und somit für den Veranstalter nicht kalkulierbar seien. Weitere Fragen, etwa ob gegen das Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, ließ das Gericht offen (VG Bremen, Urteil vom 17.5.2017 – 2 K 1191/1).
- 2018 entschied das OVG Bremen, dass der Gebührenbescheid aus Bremen an die DFL rechtmäßig sei und die DFL die zusätzlichen Polizeikosten zu tragen hat (OVG Bremen, Urteil vom 5.2.2018 – 2 LC 139/17). Gegen die Entscheidung legt die DFL Revision ein, womit der Streit nun vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden wird.
II. Hintergrund um die Kostenfrage für Polizeieinsätze bei Fußballspielen
Bei öffentlichen Veranstaltungen ist es Aufgabe des Staates für den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Die dafür anfallenden Kosten gelten in der Regel als steuerfinanzierter Staatsaufwand und sind von den Ländern zu tragen. Kosten einer polizeirechtlichen Maßnahme können nur dann von Privaten ersetzt verlangt werden, wenn ein Verantwortlicher (Störer) für die Gefahr und somit das Tätigwerden der Polizei ausgemacht werden kann.
Der Veranstalter als Störer?
Nach den einschlägigen Polizeigesetzen auf Bundes- und Landesebene ist der Adressat polizeilicher Maßnahmen in der Regel derjenige, der durch seine Handlungen die zentrale Ursache für die Gefahr geschaffen hat (sog. Verhaltensstörer) oder derjenige, der für den polizeiwidrigen Zustand einer Sache, von der die Gefahr ausgeht, verantwortlich ist (sog. Zustandsstörer).
Beide Formen des Störers passen jedoch auf den Veranstalter eines Fußballspiels nicht. Denn weder verursacht der Veranstalter selbst durch eigenes Verhalten eine Gefahr, noch ist der Veranstalter für die Sache verantwortlich, von der die Gefahr ausgeht.
Als Verhaltens- oder Zustandsstörer kommen bei Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen allemal gewaltbereite Fans in Betracht. Um diese an entstandenen Kosten beteiligen zu können, müssten diese aber erstmal ausfindig gemacht werden. Ist dies möglich, geht ein Teil der entstandenen auf deren kappe.
Weiter kann auch derjenige an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligt werden, der als sog. Zweckveranlasser gilt. Zweckveranlasser einer Gefahr ist, wessen Verhalten zwar bei isolierter Betrachtung rechtskonform ist, aber indirekt das Verhalten eines anderen steuert und auf diese Weise eine Gefahr verursacht. Dabei muss der Zweckveranlasser die unmittelbare Verursachung von Gefahren durch andere zumindest billigen in Kauf nehmen, bzw. müsste das Entstehen einer Gefahr durch Dritte als typische Folge des Verhaltens des Zweckveranlassers zu werten sein. Beide Zurechnungsmöglichkeiten der Gefahr auf den Veranstalter als Zweckveranlasser kommen jedoch nicht in Betracht. Schließlich verfolgt der Veranstalter ein eigenes Sicherheitskonzept wie etwa Einlasskontrollen, Videoüberwachung im Stadion und eigene Sicherheitskräfte, um die Sicherheit während der Veranstaltung zu gewährleisten.
Foto: © Depositphotos.com/maxcam
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