Der Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche von Claudia Pechstein stellt die Sportgerichtsbarkeit auf den Prüfstand. Die Eisschnellläuferin verklagt den Eisschnelllauf-Weltverband auf Schadensersatz. Daneben geht es um die Wirksamkeit von Klauseln, die den Athleten bei sportrechtlichen Streitigkeiten den Gang zu den Zivilgerichten versperren.

Vor dem Landgericht München war die Pechstein-Klage auf Schadensersatz in Höhe von rund 4 Mio EUR im Frühjahr 2014 zwar abgewiesen worden. Allerdings stellten die Richter dabei fest, dass die Schiedsklausel des Weltverbandes, nach der sich ein Athlet bei Verbands-Streitigkeiten aber insbesondere auch bei Doping-Verfahren ausschließlich der Sportgerichtsbarkeit unterwirft, unwirksam sei (Urteil vom 26.2.2014 – 37 O 28331/12). Im Rahmen der Sportgerichtsbarkeit entscheidet in letzter Instanz der Court of Arbitration for Sport (CAS). So geschehen auch im Fall Pechstein.

Auf die Berufung von Claudia Pechstein entscheidet nun das OLG München. In der mündlichen Verhandlung vergangene Woche ließen auch die Richter des Oberlandesgerichts Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsklausel erkennen.

Die Klausel könnte sittenwidrig sein. Sie hat nämlich zur Folge, dass sie dem Athleten den Weg vor die Zivilgerichte sperrt. Dies ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung, die der Athlet dann nicht hinnehmen muss, wenn er sich auf sie unter Druck einlässt oder wenn das Verfahren, dem er sich unterwirft, nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar ist. Die Zweifel des Gerichts beruhen offenbar darauf, dass für den Athleten ein Abschlusszwang besteht, dh. er muss die Athletenvereinbarung des Eisschnelllaufverbandes mitsamt der Schiedsklausel unterzeichnen, um überhaupt für Wettkämpfe zugelassen zu werden. Da eine sportliche Karriere außerhalb der Verbandsstruktur nicht möglich ist, hat der Athlet keine Wahl. Zudem bestehen Zweifel, ob die Art und Weise der Auswahl der Schiedsrichter, die für das Sportgericht entscheiden, ein faires Verfahren für den Athleten gewährleisten.

Die Frage der Wirksamkeit solcher Schiedsklauseln macht das Pechstein-Verfahren so brisant. Wird die Unwirksamkeit der Klausel durch ein Zivilgericht rechtskräftig festgestellt, droht der Sportgerichtsbarkeit zwar nicht der Untergang, allerdings ein Bedeutungsverlust hohen Ausmaßes. Denn dann müsste den Athleten künftig freigestellt werden, in sportrechtlichen Fragen zwischen der Sportgerichtsbarkeit oder den Zivilgerichten zu wählen. Viele Sportverbände würden damit erheblich an Einfluss auf die Verbandsregularien verlieren.

Das Urteil des OLG München wird im Januar 2015 erwartet. Voraussichtlich wird das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zulassen. Damit würde – im Falle, dass die unterlegen Partei in die Revision geht – der BGH letztinstanzlich über die Schiedsklausel entscheiden.

 

 

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