Die Diskussion darüber, ob Leon Andreasen von Hannover 96 für sein irreguläres – weil mit der Hand erzieltes – Tor nachträglich zu bestrafen ist, ist eine Scheindebatte. Es geht gar nicht um Leon Andreasen und darum, ob er sich fair verhalten hat oder nicht. Das Ärgernis ist eigentlich das Tor. Es beruht auf eine Kette von Fehlern beteiligter Personen. Die Ungerechtigkeit hätte mithilfe des Videobeweises verhindert werden können. Nun aber den Spieler herauszupicken, ist wie nach einem Bauernopfer zu suchen. Helfen tut es niemandem.

Wie fast jede Saison gibt es in der Bundesliga den großen Aufreger um die Frage Tor oder nicht Tor. Vergangene Fälle: das (irreguläre aber gegebene) sog. „Phantomtor“ von Stefan Kießling gegen Hoffenheim, das (reguläre aber nicht gegebene) Tor von Mats Hummels im Pokalfinale BVB vs. FC Bayern 2013/14.

Im jüngsten Fall vom vergangenen Wochenende drückt Hannovers Profi Leon Andreasen den Ball nach Flanke mit der Hand ins Tor des 1. FC Köln. Das Tor zählt, der Endstand ist 1:0 für Hannover 96 womit das Tor für die Punktverteilung aus diesem Spiel Bedeutung hat (Köln nämlich null Punkte statt einem).

Unerklärlich oder nicht: der Schiedsrichter und seine Linienrichter haben das Handspiel nicht gesehen und waren offenbar so überzeugt von ihrer Entscheidung, dass auch der Spieler nicht befragt wurde, ob er denn oder ob er nicht …

Der Umstand, dass der Irrtum des Schiedsrichters – wie so häufig – nicht mehr heilbar ist, der Torschütze aber vom DFB nachträglich noch wegen erwiesener Unfairness bestraft werden soll, wirkt bigott und hinterlässt Zweifel am System:

  • Der Schiedsrichter entscheidet fälschlich auf Tor, diese Entscheidung ist unumstößlich. Der Schiedsrichter ahndet ein Handspiel fälschlich nicht, diese Entscheidung ist heilbar, in dem man den Spieler nachträglich bestraft. Eine auffallende Ungleichbehandlung von Regelvergehen.
  • Schiedsrichter und Spieler haben einen schwerwiegenden Fehler gemacht, schwerwiegend für den 1.FC Köln. Die Ungerechtigkeit, die dem Club widerfahren ist, bleibt. Daran ändert die Bestrafung des Spielers nichts.
  • Wieviel Ehrlichkeit kann man vom Spieler verlangen? Seine Mannschaftkameraden wären ihm nicht alle dankbar, wenn er das Handspiel zugegeben hätte. Der Spieler wurde nicht mal zum Vorfall befragt, ein klares Schiedsrichterversagen, das leider häufig passiert, weil die Unparteiischen sich den Anschein der Stärke und Entschlossenheit bewahren wollen.

Ganz wesentlich ist aber folgende Diskrepanz:

  • Der Spieler wird aufgrund von Fernsehbildern bestraft. Um das eigentliche Unheil, das irreguläre Tor, abzuwenden, stehen die Fernsehbilder aber nicht zur Verfügung.

Dabei wäre es ein Einfaches, solche folgenreichen Fehlentscheidungen mithilfe der Videotechnik an Ort und Stelle zu revidieren. Das Tor wäre nicht gegeben worden, Leon Andreasen hätte „Gelb“ gesehen, und der Schiedsrichter müsste nicht den Canossagang antreten. Zum Videobeweis wurde schon alles gesagt. Warum also nicht die Technik bemühen, die ja bereits durch den Hawkeye-Einsatz zuverlässige Erkenntnisse bei der Frage liefert, ob ein Ball die Torlinie überschritten hat oder nicht.

Bitte darüber nachdenken!

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