Die Fußballpause hinterlässt ein großes Sommerloch. Gefüllt wird es durch tägliche Spekulationen über Transfers. Dieses Jahr steht der Argentinier Angel di Maria im Mittelpunkt. Derzeit bei Manchester United unter Vertrag werden dem Spieler Wechselabsichten zum FC Bayern, dem FC Barcelona und Paris St. Germain nachgesagt. Für Aufsehen erregte das Gerücht über eine vermeintliche Klausel im Transfer Agreement zwischen Manchester United und dem vormaligen Club, Real Madrid, wonach den Engländern der Weiterverkauf des Spielers an den Ligarivalen FC Barcelona untersagt sei.
Nach gewonnenem Champions-League-Finale vor einem Jahr wechselte Angel di Maria für eine Rekordsumme (ca. 70 Millionen Euro) zu Manchester United. Die Madrilenen, bekannt für schnelllebige Kaderplanung, wollten den Spieler abgeben, waren aber möglicherweise stark daran interessiert, dass ihr Superstar nicht nach kurzem Intermezzo in der Premier League in die Spanische Primera Division zurückkehrt, insbesondere nicht zum ewigen Rivalen FC Barcelona. Als Barcelona angeblich Interesse an dem Spieler zeigte, machte die Meldung die Runde, Real Madrid haben den Wechsel di Marias zu den „Red Devils“ an Bedingungen geknüpft, die den Weiteverkauf des Spielers an Barcelona erschweren oder gar unmöglich machen.
Die Rede war von einem vertraglichen Weiterverkaufsverbot sowie von Bestimmungen, nach denen der FC Barcelona im Falle der Verpflichtung des Argentiniers eine Sonderzahlung von 50 Mio. Euro an Real Madrid leisten müsse.
Letzteres halten wir für unwahrscheinlich. Aus einem Vertrag zwischen Real Madrid und Manchester United kann keine Verpflichtung für den FC Barcelona entstehen. Jedenfalls nicht unmittelbar, da der FC Barcelona nicht Vertragspartner von Real Madrid wird. Denkbar ist allerdings eine Klausel, wonach sich Manchester United gegenüber Real Madrid verpflichtet, im Fall des Weiterverkaufs an den FC Barcelona eine Strafzahlung zu leisten. Manchester United würde die Strafzahlung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Verkaufspreis gegenüber dem FC Barcelona aufschlagen, womit di Maria für den FC Barcelona um 50 Mio. teurer würde als der Marktwert des Spielers ist. Das schließt einen Weiterverkauf des Spielers an den FC Barcelona weitgehend aus oder macht ihn jedenfalls sehr unwahrscheinlich.
Aus juristischer Sicht handelt es sich dabei um eine Vereinbarung, die den Weiterverkauf eines Spielers beschränkt. Damit handelt es sich nicht nur um einen gravierenden Eingriff in den Wettbewerb des europäischen Fußballs, sondern um einen Verstoß gegen EU-Kartellrecht.
Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet Unternehmen, Vereinbarungen zu treffen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt beschränken oder verfälschen. eine marktbeherrschende Stellung einnehmen.
Die Vertragsklausel, auf die sich Real Madrid und Manchester United den Gerüchten nach geeinigt haben, verbietet einen Weiterverkauf des Spielers die Maria zum FC Barcelona bzw. knüpft den Weiterverkauf an die Zahlung eines empfindlich hohen Betrages an Real Madrid. Eine solche Vertragsklausel würde darauf abzielen, dem FC Barcelona die Verpflichtung eines Weltklassespielers zu erschweren.
Es ist anerkannt, dass auch der Sport grundsätzlich der Wettbewerbskontrolle der EU unterliegt soweit er am Wirtschaftsleben teilnimmt. Daran ist im professionellen Fußball nicht zu zweifeln.
Unternehmen im Sinne des Art. 101 AEUV ist jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von der Rechtsform und der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit. Damit unterliegen auch Vereine wie Real Madrid oder Manchester United dem EU-Kartellrecht.
Eine Vertragsklausel, die im Rahmen eines Spielertransfers den Weiterverkauf des Spielers regelt, ist eine „Vereinbarung“ im Sinne des Art. 101 AEUV. Vereinbarungen unterliegen der Vertragsfreiheit. Die Vertragsfreiheit endet jedoch dort, wo eine Vereinbarung Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt. Hierzu gehören auch Vereinbarungen, mit anderen Unternehmen keine Verträge zu schießen. Im professionellen Fußball ist der „Verkauf“ von Spielern (also der Transfer von Spielern gegen Zahlung einer Ablösesumme) gang und Gäbe. Insbesondere bei den wirtschaftlich und sportlich stärksten Clubs (das ist mittlerweile eine überschaubare Zahl von Vereinen, die regelmäßig mindestens das Achtelfinale der Championsleague erreichen), spielt die Verstärkung des Kaders mit den jeweils ambitioniertesten Spielern sowohl sportlich als auch bei der Vermarktung des Clubs (z.B. im Merchandising) eine wesentliche Rolle. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass nur noch diejenigen Mannschaften mit den sportlich stärksten Kadern in der Lage sind, einen europäischen Wettbewerb wie die Championsleague zu gewinnen (Sieger 2013: FC Bayern, 2014: Real Madrid, 2015: FC Barcelona).
Werden solche Vereine (dazu gehören zweifellos Real Madrid, Manchester United, FC Barcelona, der FC Bayern oder Paris St. Germain) durch Weiterverkaufsverbote von vornherein daran gehindert, Spitzenspieler von anderen Teams unter Vertrag zu nehmen, liegt eine klare und spürbare Beschränkung des sportlichen und damit auch des wirtschaftlichen Wettbewerbs vor. Hinzu kommt, dass sich Real Madrid durch solcherlei Abreden einen entscheidenden sportlichen Vorteil im nationalen Wettbewerb verschafft, der (mit wenigen Ausnahmen) seit Jahren rein faktisch nur zwei ernsthafte Wettbewerber kennt: Real Madrid und der FC Barcelona.
Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen verstoßen nur dann gegen das Kartellrecht, wenn sie geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Unter „Handel“ ist nicht nur der Austausch von Waren oder Dienstleistungen zu verstehen, sondern jede grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeit. Auch der Austausch von Personal fällt darunter. Eine Beeinträchtigung des Handels zwischen EU-Mitgliedstaaten setzt voraus, dass Auswirkungen auf grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten zwischen mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten vorliegen. Durch eine Weiterverkaufsklausel im Fall „di Maria“ würde der Wechsel des Spielers von der englischen Premier League in die Spanische Primera Division erschwert und damit auf den Wirtschaftsverkehr zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten Einfluss genommen.
Zu hoffen ist, dass solcherlei Klauseln, sofern sie denn existieren, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Kartellrecht überprüft werden. Ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV hat im Übrigen die Nichtigkeit der Klausel zur Folge.
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