Beim Public Viewing werden die TV-Bilder der Fußball WM einem Publikum auf Großbildleinwänden oder auf Fernsehgeräten in Biergärten, Gaststätten, auf öffentlichen Plätzen oder in Veranstaltungsräumen gezeigt.
- Welche Lizenzen benötigt der Betreiber eines Public Viewing Event?
Der Veranstalter der Fußballweltmeisterschaft, die FIFA, hat ein
Reglement für solche Übertragungen verabschiedet, dass auf der Internetseite der FIFA abrufbar ist. Die FIFA fordert, dass Veranstalter von Public Viewings die Bestimmungen des Reglements einhalten und für gewerbliche Public Viewings Lizenzen bei ihr einholen. Der Lizenzvertrag ist so ausgestaltet, dass für den Veranstalter des Public Viewing Events nur wenig Spielraum verbleibt, das Event zu refinanzieren, z.B. Sponsoren ins Boot zu holen. Beim Hinzuziehen von Sponsoren macht das FIFA Reglement strikte Einschränkungen. Firmen, die direkt oder indirekt mit den offiziellen Partnern der FIFA WM 2018 konkurrieren, sollen gänzlich von der Werbemöglichkeit ausgeschlossen werden. Aktuell ist die Rechtslage in Deutschland für Veranstalter von Public Viewings günstig, wenn die Spiele der Fußballweltmeisterschaft live übertragen werden. Für solche Events sind auch keine Lizenzen erforderlich, solange von den Besuchern ke in Eintrittsgeld verlangt wird.
Vorab: Ob ein Public Viewing lizenzpflichtig ist oder nicht, richtet sich nicht nach dem Reglement der FIFA, sondern nur nach geltender Gesetzeslage. Das Reglement der FFIA hat keinen Gesetzescharakter. Die Bestimmungen des Reglements sind lediglich für diejenigen Public Viewing Veranstalter verbindlich, die sich eine Lizenz bei der FIFA besorgt haben. Denn sie werden sich zur Erlangung der Lizenz durch vertragliche Erklärung dem Reglement unterwerfen müssen. Eine Gesetzesgrundlage, die es der FIFA ermöglicht, Public Viewings per se verbieten zu können, gibt es in Deutschland nicht. Auch wenn die Fußball-WM ein internationales Sportereignis ist, gilt für Public Viewing Veranstaltungen in Deutschland ausschließlich deutsches Urheberrecht. Eine Lizenzpflicht für eine solche Veranstaltung besteht daher nur, wenn das Urheberrechtsgesetz (UrhG) dies vorsieht.
- Kein Sportveranstalterrecht
Der Gesetzgeber gewährt dem Veranstalter eines Sportevents kein eigenes Recht an seiner Veranstaltung, das es ihm etwa gestattet, jegliche Formen der Verwertung zu verbieten. Im Gegensatz zu Konzertveranstaltern, denen im Urheberrechtsgesetz (§ 81 UrhG) ein eigenes Leistungsschutzrecht gewährt wird, haben Sportveranstalter wie die FIFA kein vergleichbares gesetzliches Leistungsschutzrecht an ihrer Veranstaltung, auch wenn sie dies vom Gesetzgeber vehement fordern.
- Das Senderecht (§ 87 UrhG)
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG hat aber das Sendeunternehmen, das das Sportereignis im Fernsehen überträgt, ein ausschließliches Recht, die Fernsehbilder der sportlichen Wettkämpfe an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, öffentlich wahrnehmbar zu machen. Heißt, der TV-Sender, der ein Fußballspiel der Weltmeisterschaft überträgt, ist allein berechtigt, seine Fernsehbilder der Öffentlichkeit im Rahmen von Public Viewings in Gaststätten, Biergärten oder auf öffentlichen Plätzen gegen Eintrittsgeld anzubieten. Im Umkehrschluss bedeutet das: ein solches ausschließliches Recht besteht nicht, wenn (1) das Public Viewing an einem Ort stattfindet, zu dem die Öffentlichkeit keinen Zutritt hat und (2) wenn für das Public Viewing kein Eintrittsgeld erhoben wird.
- Frage: Wie kommt ein Sportveranstalter wie die FIFA zu einem Recht, dass per Gesetz nur Sendeunternehmen zusteht?
Der Sender kann sein Recht an der Fußballübertragung an Dritte abtreten. Somit ist denkbar, dass die FIFA das Senderecht ausübt, auch wenn nicht sie selbst, sondern ein TV-Sender die Übertragung des Events produziert. Für die Rechte des Sportveranstalters gelten dann aber nicht nur die Befugnisse, sondern auch die – oben erwähnten – Beschränkungen des § 87 UrhG. Gegen Veranstaltungen, bei denen ohne Erhebung eines Eintrittsgeldes Spiele öffentlich gezeigt werden, hat die FIFA somit ebenso wenig eine rechtliche Handhabe wie gegen Veranstaltungen, die gar nicht öffentlich sind z.B. das private Gartenfest oder eine geschlossene Gesellschaft (
OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 20.01.2015, Az. 11 U 95/14). Gleichzeitig sollten Veranstalter darauf achten, dass sie für die öffentliche Übertragung ein geeignetes – kommerzielles – TV Abonnement besitzen. Kann die FIFA solche Public Viewings nicht verbieten, fehlt ihr aber jegliche rechtliche Grundlage, für solche Veranstaltungen Genehmigungen zu erteilen.
- Das Recht der öffentlichen Wiedergabe (§§ 22, 52 UrhG)
Sind „Werke“, d.h. urheberrechtlich geschütztes Material Bestandteil der TV-Übertragung, so hat neben dem Sendeunternehmen auch der Urheber dieses Materials (dies muss nicht zwingend das Sendeunternehmen sein) ein ausschließliches Recht, seine Werke im Rahmen eines Public Viewings öffentlich wiederzugeben (§ 22 UrhG). Ein Fußballspiel ist allerdings kein urheberrechtlich geschütztes Werk. Dies hat der EuGH in seiner viel beachteten Entscheidung „Karen Murphy“ (
EuGH vom 4.10.2011 – C-403/08 und C-429/08) klargestellt. Allenfalls können im Rahmen einer Fuß ballübertragung gespielte Turnier-Hymnen, sonstige musikalische Einlagen oder Reportagen der Kommentatoren Urheberrechtsschutz genießen. Werden diese beim Public Viewing zwangsläufig mit übertragen, muss dafür grundsätzlich eine Lizenz beim jeweiligen Urheber eingeholt werden. Eine Ausnahme von der Lizenzpflicht gilt nur in Fällen, in denen die Veranstaltung keinem Erwerbszweck dient (§ 52 UrhG). Ob dies der Fall ist, ist bei jeder Public Viewing Veranstaltung gesondert zu prüfen. Für den Begriff des Erwerbszwecks kommt es aber – anders als beim Senderecht – nicht darauf an, dass ein Eintrittsgeld erhoben wird. Dies bedeutet aber noch nicht, dass Veranstalter von Public Viewings deshalb Lizenzen bei der FIFA einholen müssen. In Deutschland wird die Lizenzierung solcher Rechte nämlich kollektiv, also durch Verwertungsgesellschaften wie die GEMA oder die VG-WORT, wahrgenommen. Demgemäß ist eine entsprechende Lizenz für die Wiedergabe von Fernsehsendungen bei der Verwertungsgesellschaft einzuholen, was in jedem Fall (auch wenn kein Eintrittsgeld erhoben wird) zu empfehlen ist. Die GEMA, die auch die Rechte der VG-WORT mit wahrnimmt, bietet hierzu einen Sondertarif für die Wiedergabe von Fernsehsendungen (FS-Tarif) an.
Informationen erteilt die GEMA auf Anfrage oder auf ihrer Internetseite.
- Frage: Wann muss eine Lizenz eingeholt werden?
Ein klarer Fall einer lizenzpflichtigen Veranstaltung wäre ein Public Viewing vor dem Brandenburger Tor in Berlin, wenn für den Zutritt zum Veranstaltungsraum ein Eintrittsgeld erhoben würde. Umgekehrt stellt es einen klaren Fall einer lizenzfreien Veranstaltung dar, wenn an derselben Stelle eine Sportveranstaltung live übertragen wird und den Gästen Cateringbuden zur Verfügung stehen, die den Verzehr von Speisen und Getränken zu marktüblichen Preisen anbieten. Problematisch sind „indirekte Eintrittsgelder“, die in einem Aufschlag auf die Speisen- und Getränkepreise oder in einem „Mindestverzehr“ liegen können. In einem solchen Fall dürfte eine Umgehung des § 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG vorliegen, da über einen Umweg Eintrittsgelder verlangt werden mit der Folge, dass es einer Lizenz bedarf.
- Frage: Kommt es für die Frage der Lizenzerteilung darauf an, ob das Public Viewing eine gewerbliche oder nicht-gewerbliche Veranstaltung ist?
Das Reglement der FIFA unterscheidet in kommerzielle, nicht-kommerzielle und erstmals auch spezielle-nicht-kommerzielle Veranstaltungen. Für kommerzielle Veranstaltungen (darunter fallen nach der FIFA-Definition entgeltpflichtige aber auch gesponserte Events) soll eine Lizenz eingeholt werden. Eine spezielle-nicht-kommerzielle Veranstaltung liegt laut FIFA vor, wenn das Public Viewing für mehr als 5000 Besucher ausgelegt ist, egal ob Eintrittsgelder erhoben oder Sponsoren eingebunden sind. In diesem Fall soll ebenfalls eine Lizenz eingeholt werden. Für nicht kommerzielle Events (kein Eintrittsgeld, keine Sponsoren, weniger als 5000 Zuschauer) soll keine Lizenz erforderlich sein. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass § 87 UrhG eine Unterscheidung in „kommerziell“ und „nicht-kommerziell“ geschweige denn „speziell-nicht-kommerziell“ nicht kennt. § 87 UrhG unterscheidet lediglich zwischen Veranstaltungen, für die ein Eintrittsgeld erhoben wird, und Veranstaltungen mit freiem Zutritt. Somit ist eine (kostenpflichtige) Lizenz nur notwendig, wenn Eintrittsgelder verlangtwerden. Nichts anderes gilt, wenn der Public Viewing Veranstalter Sponsoren akquiriert. Sponsoring-Erlöse sind für viele Veranstalter die einzige Möglichkeit, ein größer angelegtes Public Viewing zu finanzieren, insoweit profitiert der Veranstalter von den Sponsorengeldern. Dieser Umstand löst jedoch noch keine Erlaubnispflicht aus. Vielmehr kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG) ausschließlich darauf an, ob Eintrittsgelder erhoben werden oder nicht.
- Wann werden durch ein Public Viewing Markenrechte oder Wettbewerbsrecht verletzt?
Der Veranstalter der Fußballweltmeisterschaft, die FIFA, hat ein
Reglement für solche Übertragungen verabschiedet, dass auf der Internetseite der FIFA abrufbar ist. Die FIFA fordert, dass Veranstalter von Public Viewings die Bestimmungen des Reglements einhalten und für gewerbliche Public Viewings Lizenzen bei ihr einholen. Der Lizenzvertrag ist so ausgestaltet, dass für den Veranstalter des Public Viewing Events nur wenig Spielraum verbleibt, das Event zu refinanzieren, z. B. Sponsoren ins Boot zu holen. Beim Hinzuziehen von Sponsoren macht das FIFA Reglement strikte Einschränkungen. Firmen, die direkt oder indirekt mit den offiziellen Partnern der FIFA WM 2018 konkurrieren, sollen gänzlich von der Werbemöglichkeit ausgeschlossen werden.
- Welche öffentlich-rechtlichen Vorschriften sind zu beachten? Sind Genehmigungen bei den Behörden erforderlich?
Betreiber von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen, wie beispielsweise Betriebsstätten und ortsfeste Einrichtungen, die für Public Viewing genutzt werden können, sind nach § 22 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) dazu verpflichtet, schädliche Umwelteinwirkungen nach dem Stand der Technik zu verhindern oder – falls unvermeidbar – auf ein Mindestmaß zu beschränken. So dürfen von Anlagen ausgehende Emissionen bestimmte Grenzwerte nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG nicht überschreiten. Diese Grenzwerte sind einerseits in Verordnungen des Bundes festgelegt, andererseits in den jeweiligen Landesimmissionsschutzgesetzen die diese konkretisierende Verordnungen enthalten. Wer darüber hinausgehende Immissionen verursacht, benötigt eine Genehmigung. Dies ist gerade mit Hinblick auf die teilweise in den Abendstunden liegenden Übertragungen der WM-Spiele von Relevanz. In Berlin werden, beispielhaft für alle Bundesländer, nach den §§ 3 und 4 Landesimmissionsschutzgesetz Berlin (LImSchG Bln) die Nachtruhe von 22.00 bis 6.00 Uhr und Sonn- und Feiertage besonders geschützt. Hiervon kann die zuständige Genehmigungsbehörde (i.d.R. das Bezirksamt) nach § 10 LImSchG Bln für den Betrieb von Anlagen und Schankvorgärten auf Antrag Ausnahmen zulassen, wenn die Störung unbedeutend ist oder das Vorhaben Vorrang vor den Ruheschutzinteressen Dritter hat. Bei den vergangenen Fußballgroßereignissen wurde der besonderen Bedeutung der Public Viewing Veranstaltungen mit speziellen Verordnungen Rechnung getragen und ein besonderer Vorrang vor dem Ruhebedürfnis der Anwohner festgeschrieben. Seit 21.2.2018 liegt die neue Verordnung über den Lärmschutz vor. Die Verordnung sieht – begrenzt auf den WM-Zeitraum – höhere Beurteilungspegel vor. Nach § 2 WM2018LärmSchV sind die Immissionsrichtwerte aus der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) einzuhalten. Diese orientieren sich an dem jeweiligen Gebietstyp. Hiermit darf es dann während der Live-Fußballübertragung lauter werden. Zu berücksichtigen ist, dass etwaige Gesänge der an- und abreisenden Zuschauer mit berücksichtigt werden (§ 1 Abs. 3, 18. BImSchV). Zudem ist der Veranstalter verpflichtet, technische und organisatorische Maßnahmen zur Minderung des Lärms zu ergreifen, etwa durch eine dezentrale Aufstellung der Lautsprecheranlage oder indem er dafür sorgt, dass bspw. Tröten oder Trommeln nicht zum Einsatz kommen (§ 3 Nr. 1 und 3, 18. BImSchV). Inwieweit eine immissionsrechtliche Ausnahmegenehmigung für ein Public Viewing im Biergarten oder auf dem Marktplatz erforderlich ist, hängt vom Einzelfall und dabei insbesondere vom jeweiligen Gebietstyp und der Entfernung zur nächsten Wohnbebauung ab. Bei der Prüfung sollte berücksichtigt werden, dass der Antrag mindestens 4 Wochen vor dem Anstoß des ersten gezeigten Spiels gestellt werden sollte.
Foto: © Depositphotos.com/woennyy
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