Ein bekannter ehemaliger Torwart der deutschen Fußballnationalmannschaft – laut Berichterstattung in der BILD handelt es sich um Uli Stein – möchte nicht mehr auf Sammelbildern erscheinen. Der AGON Sportverlag aus Kassel vertreibt sog. Player Cards von allen deutschen Fußballspielern, die seit 1908 für die deutsche Nationalmannschaft aufgelaufen sind. Auf der Vorderseite ist der Spieler in Aktion abgebildet. Auf der Rückseite befinden sich Daten und Fakten zu seiner fußballerischen Karriere sowie weitere Fotos des Spielers.

Uli Stein hatte dem Verlag hierzu keine Einwilligung erteilt und verlangte vom Verlag, die kommerzielle Verwertung seines Bildnisses zu unterlassen. Da dies nicht geschah, klagte er. Mit der Klage scheiterte er sowohl in erster Insatnz vor dem LG Kassel als auch in zweiter Instanz vor dem OLG Frankfurt/M.

Eine Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Die Pressestelle des OLG Frankfurt nennt aber die wesentlichen Gründe der Zurückweisung der Berufung.

Das Portrait des Torwarts sei Bildnis der Zeitgeschichte und könne deshalb ohne seine Einwilligung verbreitet werden.

Es geht um das Recht am eigenen Bild, eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das im Kunsturhebergesetz gesetzlich geregelt ist. Danach bedarf die Verbreitung und Veröffentlichung der Abbildung einer Person stets der Einwilligung des Abgebildeten (§ 22 KUG). Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen, zB für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Darunter fällt auch der Sport, jedenfalls soweit ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Die Bedeutung von Personen (Sportlern) im zeitgeschichtlichen Kontext spielt bei der Beurteilung, ob ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichtliche vorliegt, eine Rolle. Fußballnationalspieler, so sieht es offenbar das OLG Frankfurt/M., genießen auch nach ihrer Karriere öffentliches Interesse.

Bereits bei der Bestimmung, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt, muss eine Interessenabwägung erfolgen (abgestuftes Schutzkonzept). Gegenüberzustellen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) mit dem Recht der freien Meinungsäußerung (Pressefreiheit) aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Wenn Abbildungen kommerziell genutzt werden, ist dies in der Abwägung zu berücksichtigen. Der BGH hatte in seiner Fußballkalender-Entscheidung von 1979 bereits darauf hingewiesen, dass es durchaus denkbar ist, dass auch bei der Abbildung von Fußballspielern (es handelte sich um Beckenbauer) zu Werbezwecken nicht zwingend deren Einwilligung erforderlich sei, soweit ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit neben dem kommerziellen Interesse des Unternehmens besteht. Für Beckenbauer bejahte der BGH das (Einzelheiten und vertiefte Darstellung zum Thema: hier im Blog).

Nichts anderes macht das OLG Frankfurt im Fall „Uli Stein“. Argument:Die Sammelkarten stellten presserechtliche Druckerzeugnisse dar. Sie sind insbesondere mit „ausreichenden textlichen Informationen“ versehen, um sich zur Teilnahme am öffentlichen Kommunikationsprozess zu eignen. Der Umstand, dass es sich bei den Karten um ein kommerzielles Produkt handelt, steht im Hinblick auf den Informationsgehalt der Karten dem grundrechtlichen Schutz nicht entgegen. Zudem dienten die meisten Presseerzeugnisse jedenfalls auch der Generierung von Einnahmen.“

Die Begründung gibt Anlass zur Kritik. Unklar ist schon, ob der Verlag überhaupt Presseerzeugnisse herausgibt. Dass aber jedenfalls Sammelkarten von Fussballspielern, die der Verlag verkauft, Presseerzeugnisse seien, überzeugt ebenso wenig wie der Hinweis, die Presse sei ja generell auf Einnahmen angewiesen, dh ohnehin kommerziell. Damit verschafft man der Presseverlage sehr weitreichende Rechte der Vermarktung von Bildnissen bekannter Sportler. Es scheint überzeugender, bei der Interessenabwägung je nach Art der jeweiligen Vermarktungsform  sehr genau zu differnzieren. Schauen wir, was die Urteilsbegründung dazu genau sagt.

Anbieter von Sammelbildprodukten wie die Panini-Alben zur WM oder sogar Sponsoren von Sportereignissen, die Bilder der Sportler veröffentlichen wollen, dürfte es freuen. Sie müssen sich womöglich künftig nicht mehr um die Bildrechte der Abgebildeten scheren.

Offen ist im Übrigen, ob und inwieweit der Datenschutz eine Rolle im Verfahren spielt. Aus der Pressemitteilung ergibt sich nicht, dass es um datenschutzrechtliche Ansprüche des Klägers gegangen ist.

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