… auf und abseits des Fußballplatzes. Dies ist bekannt. Nun aber auch, jedoch eher unfreiwillig, im deutschen Presserecht.

Auf eine Verfassungsbeschwerde des SPIEGEL hin hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG vom 06.6.2017 – 1 BvQ 16/17) klargestellt, dass eine Verfassungsbeschwerde auch unmittelbar gegen eine einstweilige Verfügung in Betracht kommt, wenn diese unter Verletzung von Grundrechten ergangen ist und sie auf ein Fortwirken des Feststellungsinteresses gestützt werden kann.

Was ist geschehen?

DER SPIEGEL hatte im Dezember letzten Jahres einen Artikel veröffentlicht, der sich mit dubiosen Geschäfts- und Steuerpraktiken im Profifußball beschäftigte. Gegenstand war auch Christiano Ronaldos angebliche Verwicklung in diese Vorgänge.

CR7 erwirkte daraufhin vor dem Landgericht Hamburg, und dort bei einer Spezialkammer für Pressesachen und häufige bundesweite Anlaufstelle für Presse- und äußerungsrechtliche Anliegen dieser Art, eine einstweilige Verfügung gegen den SPIEGEL. Gestützt wurde der Antrag darauf, dass das von dem Magazin verwendete Material, das Ronaldo belaste, aus einem illegalen Hackerangriff gegen eine Anwaltskanzlei stamme und vom SPIEGEL nicht hätte verwendet werden dürfen. Das Landgericht Hamburg erließ die einstweilige Verfügung, und untersagte dem SPIEGEL Teile des Artikels zu verbreiten.

Das Landgericht erließ die einstweilige Verfügung im Beschlusswege, also ohne mündliche Verhandlung. Eigentlich keine Besonderheit, sondern in dringenden Fällen auch in der Zivilprozessordnung  (§ 937 ZPO) so vorgesehen. Die besondere, wenn auch wiederum nicht unübliche, Vorgehensweise des Gerichts bestand jedoch nun darin, mit dem Antragsteller wohl über den zu erlassenden Umfang der einstweiligen Verfügung zu telefonieren und Hinweise zu geben, ohne dass der SPIEGEL eingebunden oder sonst hierüber in Kenntnis gesetzt wurde. Rund 5 Wochen später erließ das Gericht dann die beantragte einstweilige Verfügung ohne – mögliche – mündliche Verhandlung und ohne Anhörung des SPIEGEL.

Das passte dem Magazin nicht und es wählte nicht nur die übliche Vorgehensweise des Widerspruchs zur Überprüfung der Verfügung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, sondern rief zudem das Bundesverfassungsgericht im Wege einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren, mit welcher ihr Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung  zurückgewiesen wurde, an. DER SPIEGEL stütze die Verfassungsbeschwerde auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der prozessualen Waffengleichheit.

Der Vorwurf: das Landgericht Hamburg würde seit 5 Jahren in ständiger Praxis einstweilige Verfügungen ohne vorherige mündliche Verhandlung erlassen, auch wenn keine besondere Dringlichkeit bestehe und hierbei, wie auch im konkreten Fall, den Antragsgegner kein rechtliches Gehör gewähren.

Das Bundesverfassungsgericht stellte nun fest, dass es des „Umwegs“ der Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren gar nicht bedurft hätte, denn die Verfassungsbeschwerde hätte in diesem Fall unmittelbar gegen die einstweilige Verfügung erhoben werden können. Zwar könne auch die Verfassungsbeschwerde die gerügten Rechtsverletzungen nicht mehr beseitigen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie auf ein fortwirkendes Feststellungsinteresse gestützt werden kann.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei jedoch nicht gegeben, da ein etwaiger Gehörsverstoß spätestens durch die durchgeführte mündliche Verhandlung auf den Widerspruch hin geheilt wurde.

Soweit DER SPIEGEL demgegenüber eine Verletzung seiner Rechte auf prozessuale Waffengleichheit und auf ein faires Verfahren rüge, hätte sich dies durch die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht nicht erledigt.

Die Verfassungsbeschwerde war jedoch diesbezüglich verfristet. Da es keine prozessualen Möglichkeiten gibt, die insoweit geltend gemachten Grundrechtsverletzungen einer fachgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen, ist Beginn für den Lauf der Verfassungsbeschwerdefrist der Zeitpunkt der Entscheidung über die einstweilige Verfügung. Danach war bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde die hierfür geltende Monatsfrist bereits abgelaufen.

FAZIT:

Die Praxis des Landgerichts Hamburg aber auch anderer Spezialkammern, einstweilige Verfügungen aufgrund einer angeblichen besonderen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und nach einseitiger Rücksprache nur mit dem Antragsteller zu erlassen, wird durch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht unmittelbar enden. Sie sollten und werden aber sicherlich dazu führen, dass die Gerichte ihre eingeschliffene Verfahrensweise überdenken, um sich nicht einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht auszusetzen.

 

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