Das Werben auf sportlichen Großereignissen, wie auf der nun nahenden EM, ist für Unternehmen eine sehr teure Angelegenheit. Häufig tummeln sich zudem mit großen Playern bereits langjährige Werbepartner wie z.B. Adidas oder Coca Cola auf der Bildfläche, die es kleinen Unternehmen wirtschaftlich unmöglich machen, ein Stück vom Werbekuchen zu erhalten. Da ist die Versuchung groß, auf andere Weise von der mit einem solchen Großereignis verbundenen medialen Aufmerksamkeit zu profitieren und ein wenig Fernseh-Werbezeit zu ergattern. Wenn schon einzelne Sportler vor den eigenen Werbekarren gespannt werden können, und unter gewissen Voraussetzungen auch gespannt werden dürfen, wieso nicht gleich eine ganze Veranstaltung?

Das Zauberwort lautet hier Ambush Marketing.

Die mit dieser Werbeform einhergehende „feindliche“ Gesinnung ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Wortes „ambush“ – der Hinterhalt. Ziel und Definition des Ambush Marketing ist die Werbewirkung einer Veranstaltung für das eigene Produkt oder Dienstleistung zu nutzen, ohne hierbei über eine entsprechende vertragliche Vereinbarung mit dem Veranstalter zu verfügen.

Diese Taktik ist dabei so alt, wie die Veranstaltungen selbst, die sie ins Visier nehmen.

NIKE scheint ein Fan dieser „Marketingform“ zu sein. Anlässlich des Finales der Fußball-Weltmeisterschaft 1994 zwischen Brasilien und Italien verteilte der Sportartikelhersteller 70.000 NIKE-Baseballmützen in den Farben der brasilianischen Mannschaft an die Fans. Das Stadion glich während der Fernsehübertragung einem Nike-Meer. Problem: Brasilien hatte damals einen anderen Ausrüster.

Zu seiner Vorstellung als neuer Spieler des FC Bayern München erschien Mario Götze 2013 in einem NIKE T-Shirt. Problem hier wiederum: Ausrüster und Anteilseigner des FC Bayern München ist der Hauptkonkurrent Adidas, der selbstverständlich nicht besonders erfreut über die Aktion war. NIKE bestritt, Götze zu dieser Aktion aufgefordert zu haben „So weit reicht unser Einfluss nicht!“ äußerte sich NIKE. Der Berater von Götze schilderte das Gegenteil.

Jüngstes schönes Beispiel, wenn auch keine komplett neue Idee in der Reihe des Ambush Marketing ist eine Aktion des Textilherstellers Trigema.

Das Unternehmen ließ ein Luftschiff bauen und suchte sich als Ziel für dessen Jungfernfahrt ausgerechnet das DFB-Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund aus. Bereits 1997 hatte Mercedes Benz den Luftraum über New York anlässlich des von Toyota gesponserten Marathons für sich entdeckt und ließ seine Werbebotschaften in den Himmel schreiben.

Das Trigema-Luftschiff zog nun seelenruhig,  auf dem Bauch des Schiffes ein Bild des prominenten Trigema-Affen prangend, über dem Olympia Stadion in Berlin seine Kreise. Sehr zum Unmut des DFB, der Presseberichten zufolge, sogar einen Hubschrauber aufsteigen ließ, um zu prüfen, ob alle erforderlichen  Genehmigungen vorlagen.

Die luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen lagen sicherlich vor. Worüber Trigema jedoch nicht verfügte, war ein Sponsoring- oder Werbevertrag mit dem DFB für eine solche Werbemaßnahme.

Aber bedurfte es für diese Aktion überhaupt der Zustimmung des DFB als Veranstalter?

Ein grundsätzliches Verbot des Ambush Marketing gibt es nicht. Es ist auch hier wie so häufig eine Frage des Einzelfalls.

Ein Schutz des Veranstalters kann sich regelmäßig aus dem Markenrecht ergeben, wenn das Ambush Marketing unter Verwendung von Marken stattfindet. Allerdings ist hier zu schauen, welcher Begriff überhaupt schutzfähig ist. So musste sich die FIFA im Jahr 2006 geschlagen geben. Der BGH lehnte damals  den Markenschutz für die Marke «Fußball WM 2006» vollständig und für die Marke «WM 2006» teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft  ab. Markenrechtliche Ansprüche sind im Trigema Beispiel nicht einschlägig.

Auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kann unter Umständen das Ambush Marketing unzulässig machen. Die Grenze des Zulässigen ist überschritten, wenn ein Unternehmen irreführend (§ 5 UWG) wirbt. Dies ist der Fall, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das werbende Unternehmen sei offizieller Sponsor der Veranstaltung. Ob der Verkehr jedoch diesem Eindruck unterliegt, muss letztlich der DFB darlegen und beweisen. Kein einfaches Unterfangen.

Dass in dem Kreisen des Luftschiffes eventuell eine gezielte Behinderung eines Konkurrenten im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG liegt, ist ebenfalls schwierig zu belegen. Das wäre der Fall, wenn Trigema ganz gezielt den Zweck verfolgt, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu beeinträchtigen oder zu verdrängen. Mitbewerber sind andere Textilhersteller, die mit einem Event wie dem DFB Pokalfinale werben. Dass eine Verringerung der offiziellen Textilhersteller mit der Werbemaßnahme von Trigema verbunden ist, liegt auf der Hand. Eine gezielt beeinträchtigende Zweckrichtung zu Lasten der Sponsoren wird aber Trigema wiederum schwer nachzuweisen sein. Letztlich hat Trigema nur eine ungenutzte „Werbefläche“ für die eigene Darstellung „missbraucht“, was aber keine wettbewerbswidrige Behinderung darstellt.

Der Schutz der eigenen offiziellen Werbepartner ist dem Veranstalter in der Regel über das ihm zustehende Hausrecht möglich. Erreicht wird dies durch AGB-Regelungen im Rahmen der Zutrittskontrollen zur Veranstaltungsfläche. Hat der Veranstalter über entsprechende Genehmigungen noch die Möglichkeit, die Veranstaltungsfläche durch eine „Bannmeile“ zu kontrollieren, kann das Hausrecht sogar noch räumlich erweitert werden und Maßnahmen im Einzugsbereich untersagt werden, wenn die Veranstaltungsfläche hierfür betreten werden muss.

Bei einem Luftschiff ist dies auf den ersten Blick jedoch nicht der Fall. Dieses zog wie gesagt seelenruhig seine Kreise über dem Stadion.

Ganz schutzlos  ist der Veranstalter aber auch hiergegen nicht.

Sein Schutz folgt aus der nicht so ganz bekannten Norm des § 905 BGB. Danach erstreckt sich das Recht des Eigentümers eines Grundstücks auch auf den Raum über dem Grundstück. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat. 905 BGB schützt jedes schutzwürdige vermögensrechtliche oder immaterielle Interesse an der ungestörten Benutzung des Grundstücks.

Die Veranstaltung selbst wird durch das kreisende Luftschiff in der Regel nicht gestört, wenn dies nicht mit Lärm- oder Sichtbehinderungen einhergeht. Das bloße Interesse des Veranstalters, sich für die Gestattung der Einwirkung, hier des Überflugs mit dem Luftschiff, ein Entgelt auszubedingen, hat der BGH nicht ausreichen lassen (Vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1980 – III ZR 146/78), denn damit würde der Eigentümer nicht sein Interesse an der unbeschränkten Ausnutzung seines Eigentums, sondern sein Interesse am Nichtbestehen der Einschränkung geltend machen.

Die kommerzielle Verwertbarkeit einer Veranstaltung, insbesondere auch die Abwehr einer ungenehmigten Ausstrahlung der Veranstaltung durch Luftaufnahmen eines solchen Luftschiffes, oder viel einfacher einer Drohne, ist jedoch ein schützenswertes vermögensrechtliches Interesse des Veranstalters. Da durch das Kreisen und das Eindringen des fremden, nicht lizensierten werbenden Unternehmens, die Werbewirkung der offiziellen Werbepartner beeinträchtigt, jedenfalls abgeschwächt wird, und der Veranstalter fürchten muss, dass sich das Ambush Marketing wiederholt, mit nachteiligen Konsequenzen für ihn gegenüber seinen Werbepartner,  kann durchaus ein Schutz des Veranstalters gegen den Überflug nach § 905 BGB anzunehmen sein. Dies in jedem Fall dann, wenn er diese Werbefläche einem Geschäftspartner für viel Geld veräußert hat. Im Nachgang muss der Ambush-Werbende unter Umständen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zudem den Wert der Nutzungen ersetzen. Dieser kann in dem sonst zu zahlenden Preis für eine solche Werbemaßnahme liegen.

FAZIT:

Dem DFB steht mit § 905 BGB, wie jedem anderen Veranstalter auch, eine recht interessante Norm zur Seite, um ungenehmigte Einwirkungen auf seine Veranstaltungen aus der Luft zu unterbinden.

 

Foto: Łukasz Libuszewski