Geht das? Ja, aber mit einigen wichtigen Regeln

Den Bekanntheitsgrad eines Prominenten für das eigene Produkt nutzen zu können, ist von erheblichem Werbewert und damit für das  werbende Unternehmen nicht billig, denn dem Prominenten ist dieser Umstand bekannt und er trägt seine Haut teuer zu Markte.

Für alle, die #Neuland entdecken wollen“ – mit diesem Slogan warb 2013 der Autovermieter SIXT für seine neuen Produkte.16.411.668 Daran wäre an sich  nichts Ungewöhnliches, wenn auf der Werbung neben dem Fahrzeug nicht die lächelnde Kanzlerin posieren würde, welche kurz zuvor Spott und Häme  auf sich gezogen hatte, als sie anlässlich des Besuchs von Barack Obama in Berlin, das Internet „als Neuland für uns alle“ bezeichnete, und die Firma  SIXT Frau Merkel um Zustimmung gebeten hätte, sie in der Werbung in dieser Form zu verwenden.

Aber nicht nur Politiker, sondern auch Sportler und sonstige Prominente werden häufig unfreiwillig in der Werbung verwendet oder als Testimonials  herangezogen. Nicht selten kommt es daher vor, dass Werbeagenturen dem werbenden Unternehmen eine Kampagne oder Anzeige vorschlagen, die  zwar den  Prominenten auf die eine oder andere Weise einspannt, die Einwilligung des Prominenten jedoch nicht eingeholt und eine Vergütung nicht  gezahlt wurde.

(c) SIXT AG

 

Dies wirft einige Fragen auf:

 

  • Muss der Prominente dies aufgrund seiner Bekanntheit dulden, bringt dies der Status der Person des öffentlichen Lebens also mit sich?

 

  • Gibt es keine Grenzen?

 

  • Kann Werbung Meinungsäußerung sein?

 

  • Hat der Prominente nicht vielleicht sogar Anspruch auf Schadensersatz wenn er ungefragt vor den Werbekarren gespannt wurde?

 

  • Was sind die Grenzen und wie geht es rechtskonform?

 

I.Die rechtlichen Grundlagen

Die Versuchung ist groß, Prominente ungefragt als Zugpferd vor die eigene Werbekampagne zu spannen. Einige Unternehmen, wie z.B. SIXT scheinen mit dieser „Aufmerksamkeitswerbung“ auch rechtlich erfolgreich zu sein. Einige Gerichtsentscheidungen bestätigen den Autovermieter in seinem Vorgehen. Es bedarf aber eines etwas genaueren Blickes auf die rechtlichen Grundlagen zu diesen Entscheidungen.

1. Prominente als Freiwild?

In der Werbebranche aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung ist häufig die Vorstellung anzutreffen, dass Prominente aufgrund ihres Bekanntheitsgrades als Person des öffentlichen Lebens, das geflügelte Wort der absoluten Person der Zeitgeschichte, macht hier häufig die Runde, mehr oder weniger jede Form der medialen Berichterstattung, auch ihre Verwendung in der Werbung, hinzunehmen hätten. Als öffentliche Person müssten sie dies erdulden. Schließlich hätten sie diese mediale Präsenz häufig selbst gewählt. Ihre Verwendung in der Werbung sei daher die rechtlich zulässige Konsequenz. Dies ist eindeutig in dieser Pauschalität nicht der Fall.

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Grundsätzlich gilt für Prominente, Sportler und Politiker das gleiche wie für Otto-Normal-Verbraucher auch: sie haben Anspruch auf Schutz ihres in den Art. 1, 2 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

  • Danach hat jeder das Rechte auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit

Dazu gehört auch die Entscheidungsbefugnis, ob und wie der eigene Name (aa.) oder das eigene Bildnis in der Öffentlichkeit (bb.) dargestellt wird. Dieser Anspruch gilt aber nicht grenzenlos. Insbesondere besteht kein Anspruch, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie man sich selber sieht oder gesehen werden möchte.

aa) Der gute Name – Schutz vor Nennung in der Werbung

Bereits der Name einer Person kann geschützt sein. So kann sich dieser Schutz zum einen aus § 12 BGB (Namensrecht) ergeben, wobei es sich hierbei eher um Fälle der Namensanmaßung und des Bestreitens des Namensrecht handelt und den vorliegend besprochenen Fall der Verwendung des Namens in der Werbung, nicht wirklich abbildet.

Aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt in seiner vermögensrechtlichen Ausprägung die wirtschaftliche Nutzung des eigenen Namens. Zwar ist die öffentliche Erwähnung einer Person oder die öffentliche Aussage über sie grundsätzlich, anders als beim Recht am Bild, nach Art. 5 GG gestattet. Aber auch dieser Freiheit sind Grenzen gesetzt.

  • Wer eigenmächtig den Ruf eines anderen, sein Ansehen und die ihm in der Öffentlichkeit entgegengebrachte Wertschätzung zur Förderung seiner eigenen materiellen Interessen ausnutzt, überschreitet diese Grenzen

Es hängt grundsätzlich von der persönlichen Entscheidung des Betroffenen ab, ob er sich für eine Werbung zur Verfügung stellen will oder eben nicht. Jedenfalls braucht es niemand, und zwar auch nicht eine in der Öffentlichkeit bekannte Person, zu dulden, ungefragt in einer Werbeanzeige erwähnt zu werden, wenn darunter sein Ansehen oder seine allgemeine Wertschätzung, leiden kann (BGH, Az. IV ZR 182/58, NJW 1959, S. 1269 – Caterina Valente).

Die Richter führten jedoch weiter aus, dass wenn der Name einer bekannten Persönlichkeit ohne deren Einwilligung in einer Werbeanzeige genannt werde, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Genannten stets der Vorrang gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit des Werbenden zukommt.

Das Zauberwort hier ist die Meinungsfreiheit.

Die Werbung muss (auch) ein öffentliches Informationsinteresse bedienen, um den Schutz der Meinungsfreiheit zu genießen. Die Bekanntheit einer Person im öffentlichen Leben kann ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit begründen, das es rechtfertigen kann, über bestimmte Verhaltensweisen dieser Person auch unter Namensnennung und Abbildung zu berichten.

Sodann ist im Rahmen einer durchzuführenden Güter- und Interessenabwägung festzustellen, ob das lediglich einfachgesetzlich ausgestaltete aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Namensrecht, von dem verfassungsrechtlich geschützten Recht der Meinungsfreiheit überlagert wird.

Ein solches Überwiegen der Meinungsfreiheit nahm der BGH z.B. bei einer Werbeanzeige von Lucky Strike aus dem Jahr 2000 an, mit der der Zigarettenhersteller für Aufsehen gesorgt hatte:

Da-Luc-Stri-Mot-spiel-au-di-Eskapad-de-Prgelprinz--59710-detailAnlass für diese Werbung waren diverse Presseberichte über tätliche Auseinandersetzungen unter Beteiligung von Ernst August Prinz von Hannover. Vor den Instanzengerichten war dem Prinz aufgrund der Werbeanzeige noch ein Schadensersatz in Höhe von 60.000 EUR zugesprochen worden.

Der BGH sah dies anders und verneinte eine Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH, Urt. v. 5.6.2008, Az. I ZR 96/07 – Zerknitterte Zigarettenschachtel). Lucky Strike könne sich hinsichtlich der Verwendung der Vornamen auf das Recht der Meinungsäußerung berufen. Nach Überzeugung des BGH kommentierte die Werbung in ironischer Weise Ereignisse aus dem öffentlichen Leben eines Prominenten, wodurch der  Meinungsfreiheit des Unternehmens, vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Prinzen der Vorzug zu gewähren sei.

 

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© British American Tobacco (Germany) GmbH

Kurze Zeit später schaltete Lucky Strike eine neue Werbung. Diesmal stand der Musiker und Produzent Dieter Bohlen im Mittelpunkt der Werbung.

Anlass hierfür war die Veröffentlichung der Biographie von Dieter Bohlen, in welcher Teile aufgrund von persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen (wiederholt) geschwärzt werden mussten. Bohlen klagte auf 35.000 EUR Schadensersatz und erhielt von den Vorinstanzen Recht, um dann aber schließlich, wie der Prinz, vor dem BGH zu verlieren (BGH, Urt. v. 5.6.2008, Az. I ZR 223/05 – „Dieter Bohlen“). Auch hier sah der BGH ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse durch die Werbung erfüllt und gab der Meinungsäußerungsfreiheit des Unternehmens den Vorzug.

Beide Entscheidungen wurden kürzlich durch den EGMR bestätigt (EGMR, Urt. v. 19.02.2015, Az. 53495/09 – Bohlen und 53649/09 – Ernst August von Hannover).hier der Meinungsäußerungsfreiheit des Unternehmens den Vorzug.

© British American Tobacco (Germany) GmbH

bb) Das Recht am eigenen Bild

Bei der Abbildung der eigenen Person hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem Recht am eigenen Bild nach §§ 22ff KUG eine besondere gesetzliche Ausprägung erfahren.

  • Nach 22 KUG bedarf die Verbreitung und Veröffentlichung (also nicht die Herstellung des Fotos selbst) der Abbildung einer Person stets die Einwilligung des Abgebildeten

Das ist der über allem stehende Grundsatz. So müssen es auch Prominente grundsätzlich nicht dulden, dass ihr Abbild ungefragt in der Werbung Verwendung findet.

  • 23 KUG enthält jedoch Ausnahmen, wann eine solche Einwilligung nicht erforderlich ist.

Für die Werbung mit Prominenten einzig wirklich in Betracht kommende gesetzlich geregelte Ausnahme ist § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG:

Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte.

Die Vorschrift gestattet die einwilligungslose Bild-Berichterstattung über Vorgänge von allgemeinem Interesse.

  • Der weit zu verstehende Begriff der Zeitgeschichte umfasst sämtliche Vorgänge des gesamten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens

Er ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen. Es ist also primär auf das zeitgeschichtliche Ereignis und nur zweitrangig auf die an ihm beteiligte Person abzustellen. Die Differenzierung nach absoluter oder relativer Person der Zeitgeschichte und einer Privatperson kann aber als erste Weichenstellung zur Bestimmung des zeitgeschichtlichen Ereignisses herangezogen werden, denn die Darstellung einer absoluten Person der Zeitgeschichte hat bereits einen erheblichen Öffentlichkeitswert. Dies aber nur als Ergebnis einer einzelfallbezogenen Abwägung und nicht als feststehendes Kriterium für oder gegen die Veröffentlichung.

Bereits bei der Bestimmung, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt, hat eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen zu erfolgen (abgestuftes Schutzkonzept). Es bedarf also einer Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG mit dem Recht der Meinungsäußerung (Pressefreiheit) aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ zu beachten. Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen.

2. Kann Werbung noch Meinungsäußerung sein?

Wie verhält es sich nun aber mit Werbung, also einer Darstellungsform, die regelmäßig gerade kein Informationsinteresse verfolgt, sondern allein wirtschaftliche Ziele? Kann die Verfolgung (überwiegend) kommerzieller Interessen noch Meinungsäußerung sein und dem Schutz des Art. 5 GG unterfallen?

Die klare Antwort: Ja, auch Werbung kann Meinungsäußerung sein. Aber…

  • Voraussetzung ist, dass die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist

Denn der kommerzielle Zusammenhang schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt, z.B. durch das Stilmittel der Satire.

So sah es der BGH (Urt. v. 26.10.2006, Az. I ZR 182/04) im Fall des ehemaligen Finanzministers Oskar Lafontaine.

blog_kunsturhg01Der BGH stellte in seinem Urteil aus dem Jahr 2006 fest, dass es sich bei der Porträtaufnahme um ein Bildnis aus dem  Bereich derZeitgeschichte handele, weil es im unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit  seinem Rücktritt als Finanzminister stehe. Die Verwendung im Rahmen einer Werbeanzeige ändere hieran nichts.Der  Autovermieter SIXT testete mal wieder die rechtlichen Grenzen und warb anlässlich des Rücktritts von Oskar Lafontaine als  Finanzminister wie nebenstehend.

 

 Handelt es sich also um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte so muss im Einzelfall in einem  weiteren Schritt das öffentliche Informationsinteresse mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen  abgewogen werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Der BGH führte hierzu aus, dass im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einer Werbeanzeige im Regelfall das  allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse des  Werbenden überwiege. Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst  darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll.

© SIXT AG

Dies gelte jedoch nur dann, wenn durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten  ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an.

SIXT sei es bei der Werbung ersichtlich nicht darum gegangen, den Image- oder Werbewert von Herrn Lafontaine  auf die beworbene unternehmerische Leistung zu übertragen. Die Anzeige erweckt auch nicht den Eindruck, als empfehle er das beworbene Produkt. Vielmehr habe SIXT den Rücktritt als Finanzminister zum Anlass für seinen als Satire verfassten Werbespruch genommen, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Person des Klägers als Vorspann zur Anpreisung seiner Dienstleistung zu vermarkten, so der BGH.

Die gleichen Grundsätze legte der BGH bei den oben bereits zitierten Entscheidungen des BGH – Zerknitterte Zigarettenschachtel und Dieter Bohlen an. Auch hier kam er zu dem Ergebnis, dass die eigentlich vorliegende Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Verwendung des Namens in der Werbung hinter das Recht auf Meinungsäußerung zurücktrete, da sich die Werbeanzeige einerseits in satirisch-spöttischer Form mit einem in der Öffentlichkeit diskutierten Ereignis auseinandersetze, an dem der Genannte beteiligt war, und andererseits der Image- oder Werbewert des Genannten durch die Verwendung seines Namens nicht ausgenutzt, und nicht der Eindruck erweckt werde, als identifiziere er sich mit dem beworbenen Produkt oder empfehle

3. Gilt das auch für Sportler?

Ja, diese Grundsätze finden grundsätzlich auch auf Sportler Anwendung. Sport ist nicht per se von geringerem öffentlichem Interesse als Politik.

Der BGH hatte in seiner Fußballkalender-Entscheidung (Urt. v. 6.2.1979, Az. VI ZR 46/77 – Fußballspieler) bereits darauf hingewiesen, dass es durchaus denkbar ist, dass auch bei der Abbildung von Fußballspielern zu Werbezwecken nicht zwingend deren Einwilligung erforderlich sei, soweit ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit, neben dem kommerziellen Interesse des Unternehmens besteht. Franz Beckenbauer hatte gegen die Verwendung einer Großaufnahme von ihm als Deckblatt für einen Fußballkalender geklagt, welche ihn in einem Zweikampf während eines Länderspiels zeigte. Der BGH sah die Verwendung der Aufnahme als vom Informationsbedürfnis gedeckt an. Das Bildnis der Kampfszene biete Information und sei in das informative Konzept des Kalenders einbezogen, sodass es sich nicht als Ware oder zur Werbung missbraucht fühlen müsse. Das gleichzeitig bestehende kommerzielle Interesse des Katalogherstellers würde das Informationsinteresse weder mindern noch ihm die Schutzwürdigkeit nehmen.

Auch das OLG Hamburg (Urt. v. 2.3.2010, Az. 7 U 125/09) wies mit dieser Begründung eine Klage von Michael Ballack ab, der zum damaligen Zeitpunkt beim FC Chelsea spielte und Mitglied der Deutschen Fußballnationalmannschaft war. Der FC Chelsea gehört dem russischen Finanzinvestor Roman Abramowitsch. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise und den finanziellen Schwierigkeiten, die auch die Fußballvereine trafen, wurde in den Medien diskutiert, ob Abramowitsch den Verein oder ob der FC Chelsea Ballack verkaufen sollte. Die Beklagte, eine Privatbank, schaltete daraufhin eine Anzeige mit folgenden Worten:

Herr Abramowitsch, Sie müssen Ballack nicht verkaufen!

Kommen Sie lieber zur Bank mit 6 % Rendite 2008″.

Das Interesse von Michael Ballack nicht in der Werbeanzeige genannt zu werden, habe gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse, das für die werbende Bank streite, zurückzutreten. Die Bank übe in satirisch-spöttischer Form Kritik daran, welchen Einfluss Geld und Geldgeber auf den Fußballsport haben, und dass das sportliche Schicksal von Vereinen und Spielern von den Auswirkungen der Finanzkrise abhängen kann. Das Thema sei für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam, da die Frage, welchen Einfluss Geld auf den Sport hat, von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse ist.

Ein bisschen anders ist die Ausgangslage im Sport aber dann schon doch:

Häufig werden sich die zu beurteilenden gegenüberstehenden Interessen bei Sportlern und Prominenten auf der einen und der Werbung auf der anderen Seite dann aber doch von denen bei Politikern unterscheiden. Der wesentlichste Unterschied zu der (ungefragten) Verwendung von Politikern dürfte auf der Hand liegen: Politiker stehen in der Regel für Werbeverträge nach den rechtlichen Vorgaben schon überhaupt nicht zur Verfügung. Das auf Seiten der Sportler und der Prominenten zu berücksichtigende und zu bewertende Persönlichkeitsrecht ist deutlich stärker kommerzialisiert und damit in der Regel ein anderes, als bei einem Berufspolitiker. Dem Erscheinungsbild und dem Namen von Sportlern und Prominenten kommt heutzutage  ein erheblicher wirtschaftlicher Wert zu. Beides lässt sich vermarkten wie eine „Marke“, die vor Verwässerung und vor Ausbeutung geschützt werden kann und muss. Insbesondere bei Profisportlern, denen die physischen Grenzen nur einen verhältnismäßig kurzen Erwerbszeitraum ermöglichen, kommt der gezielten und erfolgreichen Vermarktung der eigenen Person mit Bild und Namen, insbesondere neuerdings auch über die diversen Social Media Kanäle, eine erhebliche Bedeutung zu. Es kann hier durchaus zu berücksichtigen sein, dass bei Personen mit einem stark kommerzialisierten Persönlichkeitsrecht, das diesen als fortgesetzte Einnahmequelle dient, in der durchzuführenden Abwägung dem Persönlichkeitsschutz ein höherer Schutz beizumessen ist, als z.B. einem Berufspolitiker ohne ein solch gelagertes Interesse.

4. Schlägt die Meinungsäußerung das Persönlichkeitsrecht (immer)?

Nein!

Es gibt eine Vielzahl von Entscheidungen, in denen die Gerichte dem mit dem Prominenten Werbenden entweder bereits das Vorliegen eines zeitgeschichtlichen Ereignisses nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG absprachen, oder aber das Recht der Meinungsäußerung hinter das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Prominenten zurücktreten ließen.

  • Dies immer dann, wenn klar erkennbar war, dass das Foto oder der Name überwiegend zur Eigenwerbung benutzt wurde und eben gerade nicht das öffentliche Informationsinteresse befriedigte

Auch der Axel Springer Verlag musste dies im Rahmen seiner Werbekampagne für die Zeitung WELT Kompakt am eigenen Leib erfahren. Das Zeitungshaus nahm Porträtbilder von Prominenten und veränderte sie zu Babygesichtern. So auch das des ehemaligen Außenministers Joschka Fischer.

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Das LG Hamburg (Urt. v. 27.10.2006, Az. 324 O 381/06) entschied, dass der Politiker in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sei. Die Werbung enthalte  keinen satirisch-politischen Kommentar und diene lediglich Werbezwecken. Eine Abbildung in einer Werbeanzeige greife in das Recht am eigenen Bild  und  damit zugleich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, wenn in derAnzeige eine erkennbare Bezugnahme auf eine redaktionelle Berichterstattung fehle  und der Betrachter daher die Abbildung als bloßes Werbemittel begreife.Das LG Hamburg (Urt. v. 27.10.2006, Az. 324 O 381/06) entschied, dass der  Politiker in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sei. Die Werbung enthalte keinen satirisch-politischen Kommentar und diene lediglich Werbezwecken.  Eine Abbildung in einer Werbeanzeige greife in das Recht am eigenen Bild  und damit zugleich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, wenn in der

Joschka Fischer wurden aufgrund der Persönlichkeitsrechtsverletzung Lizenzansprüche in Höhe von 200.000 Euro zuerkannt.

 

Auch in dem schließlich vom BGH (Urt. v. 31. 5. 2012, Az. I ZR 234/10 – Playboy am Sonntag) entschiedenen Verfahren gegen die Erben des verstorbenen Playboys Gunter Sachs konnte der Axel-Springer Verlag sich nicht erfolgreich auf das Rechte der Meinungsäußerung zum Abdruck eines Fotos berufen. Die Erben klagten damals erfolgreich gegen die Veröffentlichung eines Fotos im Rahmen eines Beitrags in der BILD am Sonntag auf der letzten Seite unter der Überschrift „Psst, nicht stören! Playboy (75) am Sonntag„.

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Die Richter werteten die im Gewand eines redaktionellen Beitrages daherkommende Veröffentlichung als klare Eigenwerbung für die Zeitung. Zwar lasse sich erkennen, dass Gunter Sachs nicht als „Testimonial“ für die Zeitung werbe. Durch das unmittelbare Nebeneinander von beworbenem Produkt und Abgebildetem werde jedoch das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen, weil der Betrachter hierdurch eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führe. Dies stelle bereits einen erheblichen Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts dar. Es sei nicht erforderlich, dass der Bildberichterstattung eine ausdrückliche Empfehlung des Abgebildeten für das Produkt entnommen werden kann.

Zwar könne sich der Axel-Springer Verlag hinsichtlich der Veröffentlichung auf die Ausnahme des zeitgeschichtlichen Ereignisses berufen. In der Abwägung des wahrgenommenen Informationsinteresses der Öffentlichkeit mit dem Persönlichkeitsrecht von Gunter Sachs überwiege jedoch letzteres, denn der Informationswert des Beitrags erschöpfe sich darin, dass Herr Sachs an diesem Tag die BILD am Sonntag liest. Diese Information habe aber keinen Nachrichtenwert und biete insofern keine Orientierung im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades sprach das Gericht den Erben zudem eine Lizenzgebühr in Höhe von 50.000 EUR für die unbefugte Veröffentlichung des Bildnisses zu.

Auch in der Fußballtor-Entscheidung (BGH, Urt. v. 26.6.1979, Az: VI ZR 108/78) fehlte es aus Sicht des Gerichts an einem durch den Werbenden zu befriedigendes Informationsinteresse. In der Verwendung der Rückaufnahme eines Fußballspielers zu Werbezwecken eines Fernsehgeräteherstellers sah das Gericht eine zustimmungsbedürftige Veröffentlichung und verurteilte das werbende Unternehmen. Der BGH sah auch hier kein berechtigtes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung.

In der „Jetzt aber ran, Berti“ bejahte das LG Düsseldorf (Urt. v. 15. 5. 1997, Az. 4 O 250/96, NJW-RR 1998, S. 747) den Zahlungsanspruch von Berti Voigts wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Eine Drogeriemarktkette hatte in einer Zeitung ein Energiegetränk unter der Überschrift „Jetzt aber ran, Berti“ mit dem Zusatz „Ihr wollt doch wohl nicht baden gehen“ anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 1996 beworben. Das LG Düsseldorf sah darin eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des damaligen Trainers der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Zwar kommentiere die Werbung ein zeitgeschichtliches Ereignis. Die Kommentierung sei jedoch lediglich Aufhänger für eine überwiegend werbliche Nutzung.

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Auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ließ es SIXT mit seiner Gust Mollath – Werbung aus gutem Grund erst überhaupt nicht ankommen, nachdem  die öffentliche Empörung den Autovermieter mit voller Wucht getroffen hatte. Zu Recht: Der die Meinungsfreiheit überlagernde  persönlichkeitsrechtsverletzende Charakter der Kampagne war zu evident. Das persönliche Schicksal des HerrnMollath unter Anspielung auf seinen  Geisteszustand, der Thema in den anhängigen Gerichtsverfahren und der medialen Berichterstattung war, durfte in dieser Form nicht zum Gegenstand  einer Werbung gemacht werden.

(c) SIXT AG

5. Besonderer Fall: Computerspiele

Ein Bereich, in dem die Gerichte regelmäßig eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen und ein Informationsinteresse verneint haben, sind Computerspiele. Hier lässt sich feststellen, dass die Verwendung von Bildnissen oder Namen von Sportlern im Rahmen solcher Sportsimulationen regelmäßig nur mit der Erlaubnis des Abgebildeten gestattet sein wird, da die kommerziellen Interessen des Herstellers das öffentliche Informationsinteresse regelmäßig überwiegen werden.

Prominentestes Beispiel ist hier sicherlich die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Oliver Kahn und der dem Computerspielhersteller Electronic Arts (EA) anlässlich der Computerspiels „FIFA 2002“. Oliver Kahn konnte vor dem OLG Hamburg (Urt. v. 13.1.2004, Az. 7 U 41/03) einen deutlichen Sieg erringen. Kahn wandte sich gegen seine bild- und namentliche Verwendung in dem Spiel. Das OLG Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Vertrieb eines Computerspiels eines Unternehmens im Bereich der Unterhaltungssoftware für Computer- und Unterhaltungssysteme – anders als etwa bei durch die Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG geschützten Medien – die Absicht, durch eine möglichst realitätsnahe Aufmachung und Gestaltung, die Attraktivität des Computerspiels zu erhöhen und dadurch einen höheren Gewinn zu erzielen, eindeutig im Vordergrund stehe. Anderes als bei der Fußballkalender-Entscheidung des BGH ginge es nicht um die Widergabe einer realen Spielsituation, sodass nicht angenommen werden könnte, dass es dem Unternehmen auf die Vermittlung von Informationen ankäme. Vielmehr würden letztlich lediglich kommerzielle Ziele verfolgt. Auch müsse es Herr Kahn nicht hinnehmen, im Rahmen des Computerspieles als nach Belieben der jeweiligen Spielenutzer zu manipulierende Spielfigur verwendet zu werden. Insoweit sei nicht von der Hand zu weisen, dass die Herrn Kahn darstellende Figur ohne weiteres in einer diesen der Lächerlichkeit preisgebenden Weise verwendet werden könne.

Diese Auffassung wurde vom LG Frankfurt in der Konami-Entscheidung (Urt. v. 12.12.2008, Az. 6 O 249/06, SpuRT 2009, S. 207) sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung übernommen. Die DFL (Deutsche Fußballliga) GmbH hatte mit ihrer Klage Unterlassung des Vertriebs zweier Computerspiele begehrt, in denen Lizenzspieler der Fußball-Bundesliga namentlich benannt und mutmaßlich bildlich dargestellt wurden. Das LG Frankfurt urteilte, dass es dahinstehen könne, ob es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr.1 KUG handele, da der Verbreitung jedenfalls berechtigte Interessen der betroffenen Spieler entgegenstünden. Auch das LG Frankfurt begründete dies damit, dass offenkundig die Absicht des Herstellers im Vordergrund stehe, durch die realitätsnahe Gestaltung und Aufmachung die Attraktivität des Computerspiels zu steigern, um auf diese Weise durch hohe Verkaufszahlen einen höheren Gewinn zu erzielen. Ein überwiegendes Informationsinteresse sah das LG Frankfurt auch in diesem Fall nicht.

II. Die rechtlichen Konsequenzen

Stellt sich die ungefragte Werbung mit dem Prominenten als rechtswidrig heraus, hat dieser Anspruch auf Unterlassung, also Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, selbstverständlich verbunden mit der sofortigen Einstellung der Werbung aber in der Regel unter Gewährung von etwaigen Aufbrauchsfristen, wenn die Werbung, etwa im Printbereich nicht sofort beendet werden kann und den Zugriffsbereich des Werbenden bereits verlassen hat (etwa bereits verteilte Kataloge, Flyer etc.). Ferner hat der Prominente Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen anwaltlichen vorgerichtlichen Abmahnkosten.  Auch kann ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr gegeben sein. Die Höhe der Lizenzzahlung bestimmt sich nach dem Werbewert des Prominenten, also was die Parteien unter normalen Umständen als Lizenz für den Werbeauftritt vereinbart hätten (Lizenzanalogie). Kann der Prominente hier belegen, dass er in vergleichbaren Fällen eine bestimmte Vergütung erhalten hat, ist dieser Wert heranzuziehen. Lizenzansprüche in Millionenhöhe sind hier möglich. Schließlich kommt zusätzlich eine Geldentschädigung in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung gehandelt hat und wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung dürfte jedoch der Ausnahmefall sein, denn die Voraussetzungen hierfür sind hoch.

III.   Fazit

Es versteht sich von selbst, dass jede Fallkonstellation eine individuelle Bewertung erfordert, gerade weil sich grundrechtlich geschützte Interessen gegenüberstehen, die im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sind.

Nichts desto trotz lassen sich aus Rechtsprechung der letzten Jahre zu der Werbung mit Politikern, Sportlern und Prominenten Grundsätze entnehmen, die ein gewisse Allgemeingültigkeit haben, und wenn sie befolgt werden, den Weg öffnen zu einer rechtskonformen Prominentenwerbung:

Über allem steht zunächst der allgemeine Grundsatz, dass die Verwendung des Bildnisses eines Prominenten grundsätzlich der Einwilligung bedarf. Aber selbst zu Werbezwecken darf das Bildnis oder der Name einer prominenten Person verwendet werden, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Werbung muss so ausgestaltet sein, dass sie eine Meinungsäußerung des Werbenden enthält;
    • Bsp.: Die SIXT-Werbung mit Claus Weselsky anlässlich des Bahnstreiks
  • Die Meinungsäußerung bedarf der (satirischen) Auseinandersetzung mit einem aktuellen gesellschaftlichen oder politischen Ereignis, an welchem der Abgebildete beteiligt war. Es sollte eine öffentliche Debatte zu diesem Thema stattfinden. Allein die Bezugnahme auf eine prominente Person, die in der Öffentlichkeit stattfindet, reicht nicht;
    • Bsp.: Der Fall Joschka Fischer in der WELT kompakt – kein Bezug zu einem konkreten Ereignis, reine Werbewirkung
  • Der als Meinungsäußerung transportierte Informationsgehalt darf hinter dem verfolgten Werbeeffekt, also die wirtschaftlichen Interessen des Werbenden, nicht zu stark zurücktreten – keine reine Aufmerksamkeitswerbung;
    • Bsp.: Der Fall Gunter Sachs – der Informationsgehalt war zu gering, der Werbezweck zu stark im Vordergrund
  • Der Prominente darf durch die Werbung in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unzulässig herabgewürdigt werden. Keine Schmähungen, keine Verletzungen der Intims- oder Privatssphäre;
    • Bsp.: Die SIXT Werbung mit Gustl Mollath – Schmähung
  • Es darf bei dem Publikum nicht der Eindruck erweckt werden, der Promiente identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt;
    • Bsp.:  Gunter Sachs – unzulässiger Imagetransfer

Die Frage der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten ist stets strikt zu trennen von den Urheberrechten, die an der Fotografie selbst bestehen. Diese müssen gegebenenfalls gesondert eingeholt werden.