Sind Schiedsrichter Arbeitnehmer?

Schiedsrichter tadeln ja bekanntlich die ihrer richterlichen „Gewalt“ unterstehenden Fußballspieler gern und häufig. Über ihre Entscheidungen wird im Nachgang vor allem zu wichtigen Fußballspielen ebenso gern und häufig diskutiert. Im Übrigen machen die Angehörigen des Berufsstandes aber nur selten von sich reden. Jüngst jedoch fand die causa  Dr. Dittrich einige Beachtung in der Tagespresse.

Worum ging es?

Herr Dr. Dittrich ist seit 1998 Schiedsrichter und war zwischen 2006 und 2015 für den DFB tätig, zuletzt in der 3. Liga. Die Verträge zwischen Herrn Dr. Dittrich und dem DFB wurden jeweils für eine Saison befristet und je nach Gusto der DFB-Funktionäre nach Ablauf der Saison verlängert. Insgesamt kam es zu neun Verlängerungen, bis die Schiedsrichterkommission des DFB eine weitere Verlängerung für die Saison 2015/2016 ohne Angabe von Gründen ablehnte. Herr Dr. Dittrich erhob daraufhin Entfristungsklage gerichtet auf Feststellung, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht mit Ablauf der letzten Befristung beendet worden ist. Die Regularien, die seine Tätigkeit bestimmen, drängten ihn mit Blick auf Arbeitszeit, -ort und –inhalt in ein derart enges Korsett, dass seine Qualifikation als Arbeitnehmer kaum zweifelhaft sein könne. Bei Arbeitnehmern ist jedoch eine Befristung ohne Sachgrund über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht zulässig (§ 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz, TzBfG). Und ein solcher sachlicher Grund war hier ersichtlich nicht gegeben.

Der Statusstreit schaffte es in der Folge vor das ArbG Frankfurt aM. (Az.: 6 Ca 1686/16). Das Urteil, worüber möglicherweise in Schiedsrichterkreisen genau so hitzig debattiert werden dürfte, wie über (vermeintliche) Fehlentscheide von Schiedsrichtern in der Öffentlichkeit, traf denn Ungewollten hart: Da sein Beschäftigungsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen sei, könne er sich auch nicht auf das TzBfG berufen. Arbeitnehmer ist aber nur, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (§ 611a Abs. 1 BGB). Weisungsgebunden in diesem Sinne ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Erforderlich ist stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände.

Diese Voraussetzungen haben die Frankfurter Richter mit Blick auf ihre sportlichen Kollegen nicht als erfüllt angesehen. Sicher: Der Kläger könne ihm angetragene Spielleitungen nicht ablehnen und bestimmt auch der Kläger nicht selbst, wann und wo ein von ihm zu leitendes Fußballspiel ausgetragen würde. Diese Gebundenheit an den Spielplan des DFB ergibt sich aus der DFB-Schiedsrichterordnung. Nach Auffassung des ArbG Frankfurt ähnele das Anstellungsverhältnis des Klägers jedoch eher der Einbindung eines programmgestaltenden Mitarbeiters in ein festes Programmschema. Dies wirke jedoch nach der Auffassung des BAG nicht statusbegründend (BAG, Urt. v. 20.05.2009, Az.: 5 AZR 31/08). Die Festlegung der Spielpläne und die Einteilung des Klägers zur Spielleitung stellten vor diesem Hintergrund nicht die Ausübung eines Weisungsrechts dar. Vielmehr standen diese Rahmenbedingungen bereits bei Unterzeichnung des Vertrages fest und wusste der Kläger daher, worauf er sich einlasse. Die zeitlichen und örtlichen Vorgaben ergäben sich aus der Natur der Sache und seien deshalb grundverschieden von der Ausübung eines arbeitgeberseitigen Weisungsrechts.

Auch die Bindung des Klägers an die Spielregeln des DFB brachten die Arbeitsrichter nicht zum Einlenken. Diese seien, wie Fragen zu Ort und Zeit der Dientleistung, unmittelbarer Bestandteil der übernommenen Aufgabe. Im Rahmen der Spielleitung selbst sei der Kläger ja dann auch innerhalb des Reglements frei und keinen Weisungen unterworfen.

Damit war die Sache für die Frankfurter Richter klar: Der Kläger kann nicht zwangsweise durchsetzen, weiter für den DFB zu pfeifen. Dies will der Gescholtene freilich nicht so stehen lassen und hat auch bereits Berufung zum LAG Hessen eingelegt. Das Verfahren geht also in die Verlängerung. Dort ist am 31.8.2017 verhandelt worden; an einer Pressemitteilung über den Ausgang der Verhandlung fehlt es bisweilen noch. Die überzeugende Argumentation des ArbG Frankfurt aM., die sich richtigerweise an den Vorgaben des BAG orientiert, machen jedoch wenig Hoffnung auf den auch im Fußball vielfach beschworenen Sieg in letzter Minute.

 

 

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