In jüngerer Vergangenheit hat wohl kaum eine Transferverhandlung derart viel öffentliches Aufsehen erregt, wie die geplante Ablösung des beim 1. FC Köln unter Vertrag stehenden, französischen Stürmers Anthony Modeste (29). Dieser soll für die stattliche Summe von 35,7 Mio. EUR – sein Vertrag mit dem 1. FC Köln läuft nach Presseberichten erst im Jahr 2021 aus – diesen Sommer zum chinesischen Club Tianjin Quanjian wechseln. Doch bereitet den Akteuren die Zahlungsabwicklung Schwierigkeiten: Denn wie die Fachpresse berichtet, sind chinesische Clubs, die in der Chinese Super League gelistet sind und die mehr für ihre „Einkäufe“ ausgeben, als sie einnehmen, seit dem 19.06.2017 dazu verpflichtet, bei Transfers ab einem Volumen von 6 Mio. EUR die gezahlte Ablösesumme in die Förderung des chinesischen Fußballs zu investieren. Im Fall Modeste müsste Tianjin Quanjian daher die Ablösesumme von 35,7 Mio. EUR verdoppeln (!). Vor diesem Hintergrund erarbeitete man gemeinsam mit dem 1. FC. Köln ein „Finanzierungskonzept“: Die Ablösesumme soll nicht vom chinesischen Interessenten, sondern von Modeste selbst als Strafzahlung für seinen vorzeitigen Austritt an den Effzeh gezahlt werden. Wie berichtet wurde, soll der Bundesligastar zu diesem Zweck einen Auflösungsvertrag unterschreiben und sich dort, so darf man mutmaßen, wohl auch zur Zahlung der Vertragsstrafe verpflichten. Der Franzose sah in diesem Vorgehen freilich ein beträchtliches Steuerrisiko. Was, wenn er die umdeklarierte Ablösesumme ggü. dem deutschen Fiskus als Einkommen erklären muss? Dieses Risiko sollte der Bundesligaclub tragen, aber dieser weigerte sich. Die Zeit für eine Einigung drängt. Denn das Transferfenster in China schließt am Freitag, wie Sport.bild.de berichtet.

Am Sonntag eskalierte das Verhandlungs-Patt zur Schlammschlacht: Der 1. FC stellte Modeste vom Trainingsbetrieb frei, weshalb dieser nicht zum Trainingslager nach Bad Radkersburg mitreisen durfte. Am Dienstag wurde bekannt, dass sich Modeste nun auch juristisch zur Wehr setzt. Er hat beim Arbeitsgericht Köln eine einstweilige Verfügung beantragt, um wieder in den Trainingsbetrieb eingebunden zu werden. Dies gab das ArbG Köln am Dienstag in einer Pressemitteilung bekannt. Der Kammertermin zur mündlichen Verhandlung ist auf den 13.07.2017 anberaumt.

Was ist aber aus juristischer Sicht an dem Eilantrag dran?

Fußballer, auch Bundesligaprofis, werden von der Rechtsprechung durchgehend als Arbeitnehmer eingeordnet. Arbeitnehmern steht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Großer Senat) aus ihren Arbeitsverträgen mit dem Verein in Verbindung mit dem aus Art. 1, 2 des Grundgesetzes folgenden Persönlichkeitsrecht ein Anspruch auf Beschäftigung zu (vgl. BAG (GS), Beschl. v. 27.02.1985 – GS 1/84 =  NZA 1985, 702). Einseitige Freistellungen sind grundsätzlich nicht möglich (BAG, Urt. v. 09.04.2014 – 10 AZR 637/13 = BeckRS 2014, 68129 Rn. 14). Der Umfang und die Reichweite des Anspruchs bemessen sich nach der Stellen- und Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag. Bei Fußballspielern beinhaltet der Beschäftigungsanspruch insbesondere die Teilnahme am (Mannschafts-)Training; eine Beschränkung auf die Teilnahme am Lauftraining wird dem nicht gerecht, da hierbei wesentliche taktische Elemente des Fußballspiels ausgeblendet bleiben (LAG Hamm, Urt. v. 28.11.2011 – 11 SaGa 35/11 = BeckRS 2014, 72792). Eben aber diese Elemente sind zum Erhalt und zur Fortentwicklung der sportlichen Qualifikation im Profifußball unerlässlich (LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.2008 – 11 SaGa 23/08 = BeckRS 2010, 75540).

Im Grundsatz kann ein solcher Beschäftigungsanspruch auch im Wege des sog. einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden. Die meisten Landesarbeitsgerichte fordern für einen entsprechenden Antrag im Rahmen der Darlegung der Dringlichkeit (Verfügungsgrund) freilich ein besonderes Beschäftigungsinteresse (statt  aller nur LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.06.2015 – 4 SaGa 2/15 = BeckRS 2015, 72364; LAG Hamm, Urt. v. 13.2.2015 – 18 SaGa 1/15 = NZA-RR 2015, 460; krit. zu diesem Erfordernis Fischer, NZA-RR 2015, 565; a.A. LAG Nürnberg, Urt. v. 15.9.2015 – 7 SaGa 4/15 – juris).

Es entspricht der wohl herrschenden und zutreffenden Auffassung, dass ein solches gesteigertes Beschäftigungsinteresse hinsichtlich der Teilnahme von Profisportlern am Mannschaftstraining in der Regel zu bejahen ist. Denn gerade das auch taktische Training im Zusammenwirken mit anderen sportlich qualifizierten Mitspielern und für den Erhalt der eigenen sportlichen Fähigkeiten von erheblicher Bedeutung (vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.2008 – 11 SaGa 23/08 = BeckRS 2010, 75540; LAG Hamm, Urt. v. 28.11.2011 – 11 SaGa 35/11 = BeckRS 2014, 72792; ArbG Berlin, Urt. v. 21.12.2015 – 23 Ga  15642/15 -, juris).

Es spricht vor diesem Hintergrund einiges dafür, dass das ArbG Köln dem Antrag von Modeste stattgeben wird und dieser ins Trainingslager nachreisen darf.

Was allerdings bringt Modeste eine solche Verfügung, wenn der Transfer nach China spätestens am Freitag dieser Woche über die Bühne gegangen sein muss? Man wird mutmaßen dürfen, dass der Antrag zur Erhöhung des Verhandlungsdrucks eingereicht wurde. Mittlerweile wird denn auch von einer – wohl erfolgreichen – Verhandlungsrunde am Geißbockheim berichtet. Es würde daher auch nicht überraschen, würde Modeste seinen Antrag zeitnah zurück nehmen. Man mag insoweit von „einstweiliger Eile“ sprechen.

Gleich aber wie man dieses rheinisch-französisch-chinesische Fußball-Heckmeck auch einordnet. Zu vermerken bleibt mit Art. 3 des Rheinischen Grundgesetzes, der insoweit den Geißbock auf den Kopf trifft:

Et bliev nix wie et wor!

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