Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Aber dennoch kann diese Erkenntnis zumindest dem Grunde nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 26.03.2015, Rs. C-279/13) entnommen werden. Es ging dort im Wesentlichen um die Frage der Auslegung einer europäischen Richtlinie, genau genommen des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG – zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Das Ergebnis: Wer Live-Sportveranstaltungen streamt, kann als Rechteinhaber entscheiden, ob Dritte auf dieses Angebot unter Umgehung des eigenen Bezahlsystems verlinken dürfen. Die schwedischen Gerichte waren bei dieser Frage unsicher.
Hintergrund der Entscheidung war die Klage des schwedischen Fernsehsenders C More Entertainment, der gegen Bezahlung Direktübertragungen von Eishockeyspielen anbot.
Der Beklagte richtete auf seiner Website Links ein, durch die das Bezahlsystem von C More Entertainment umgangen werden konnte. Diese Links ermöglichten es den Besuchern der Website, die Direktübertragungen der Eishockeyspiele unentgeltlich zu verfolgen.
C More Entertainment sah sich als Inhaber der Urheberrechte an der Übertragung der Sportveranstaltungen und klagte auf Schadensersatz. Ein schwedischen Bezirksgericht gab C More Entertainment Recht. In zweiter Instanz hatte sich das Berufungsgericht mit der Frage zu beschäftigen, ob die Übertragung der Sportveranstaltung tatsächlich die ausreichende Schöpfungshöhe erreichte, um einen Urheberrechtsschutz für die Übertragung zu bejahen. Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass weder die Arbeit der Kommentatoren, noch der Kameraleute oder Regisseure für sich oder zusammengenommen die ausreichende Schöpfungshöhe erreichte. Allerdings sah das schwedische Gericht eine Verletzung der Leistungsschutzrechte des Senders gegeben.
Damit gab sich C More Entertainment jedoch nicht zufrieden und beantragte beim Obersten Schwedischen Gerichtshof, die Anerkennung der Urheberrechte an der Übertragung. Da das Oberste schwedische Gericht eine solche Ausweitung des Urheberrechts auf die Übertragung von Live-Sportveranstaltungen weder aus dem nationalem, noch dem europäischen Recht ableiten konnte, insbesondere ob ein Link eine öffentliche Wiedergabe darstelle, setzte das Gericht das Verfahren aus und wandte sich an den EuGH, der die Vorlagefrage wie folgt interpretierte:
„Ist Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29 dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die das Ausschließlichkeitsrecht der in Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2001/29 genannten Sendeunternehmen auf Handlungen der öffentlichen Wiedergabe ausdehnt, die in Direktübertragungen von Sportveranstaltungen über das Internet wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bestehen könnten.“
Der EuGH stellte zunächst klar, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe als Oberbegriff des öffentlichen Zugänglichmachens zu verstehen ist. Das öffentlich Zugänglichmachen setze voraus, dass der Öffentlichkeit der Zugriff auf den betreffenden Schutzgegenstand:
– von Orten ihrer Wahl und
– zu Zeiten ihrer Wahl
ermöglicht wird. Da es sich bei den zur Verfügung gestellten Links um Live-Streams handelt, die zwar die öffentliche Wiedergabe von Orten ihrer Wahl, jedoch aber nicht zu Zeiten ihrer Wahl ermöglichten, finde Art. 3 Abs. 2 buchst. d der Richtlinie 2001/29 keine Anwendung. Hier kommt die charakteristische Eigenschaft eines Live-Streams zu tragen, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass das Gesehene nur zu einem festen Zeitpunkt, nämlich live und nicht etwa auch zeitversetzt angeschaut werden kann.
Gleichzeitig betonte der EuGH, dass es nicht seine Aufgabe sei, das Urheberrecht und seine verwandten Schutzrechte „vollumfänglich“ zu harmonisieren. Der EuGH verwies weiter auf Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115, wonach den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, Sendeunternehmen das ausschließliche Recht zu gewähren, nach eigenem Ermessen über öffentliche Sendungen und Wiedergabe von Sendungen zu entscheiden. Die Richtlinie 2006/115 räumt somit den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, einen über diese Richtlinie hinausgehenden Schutz zu gewähren, wobei ein solches Recht gem. Art. 12 der Richtlinie 2006/115 den Schutz der Urheberrechte in keiner Weise beeinträchtigen darf. Die Mitgliedstaaten können den Sendeunternehmen also das ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe ihrer Sendungen einräumen.
Was heißt das nun konkret?
Urheberrechtlicher Schutz, und damit ein Ausschließlichkeitsrecht der Sendeunternehmen, besteht nicht nur hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung urheberrechtlicher geschützter Werke im Wege des klassischen stream-on-demand-Dienstes. Den Mitgliedstaaten steht es frei, das Ausschließlichkeitsrecht der Sendeunternehmen auch auf Handlungen der öffentlichen Wiedergabe, wie eben das Setzen eines Links, auszudehnen, sofern eine solche Ausdehnung den Schutz der Urheberrechte nicht beeinträchtigt. Damit ist aber noch nicht die interessante Frage geklärt, ob Urheberrechte und Leistungsschutzrechte an Live-Sportveranstaltungen entstehen können. Diese Aspekte hatte der EuGH in der Vorlagefrage nicht zu beantworten.
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