Vergangenen Sonntag eröffnete das City Stadium in Orlando/ Florida. Das besondere an diesem Stadion: Die Fans des Orlando City SC dürfen in einem gesonderten Bereich Pyrotechnik abfeuern. Hierfür wurde auf den unteren sechs Reihen hinter dem Tor  eine sogenannte „smoking device area“ eingerichtet. Der nach dem „Safe Standing Prinzip“ eingerichtete Bereich könnte als Vorbild und Lösung der Pyro-Debatten auch in hiesigen Stadien gelten.

Passend zum Bengalo-Thema erging am 09.03.2017 das Urteil des OLG Köln (OLG Köln, 09.03.2017, Az. 7 U 54/15), welcher über die Höhe der Beteiligung eines Fans an einer verhängten Vereinsstrafe zu entscheiden hatte. Zunächst hatte der Bundesgerichtshof (BGH, 22.09.2016, Az. VII ZR 14/16)  die Möglichkeit der Weitergabe von DFB-Strafen der Vereine auf die entsprechenden Verursacher bejaht. Konkret ging es dabei um einen Fan, der im Februar 2014 beim Heimspiel des 1. FC Köln gegen den SC Paderborn einen Böller warf und dabei mehrere Fans verletzte. Nach Urteil des OLG Köln kann der von der Verbandsstrafe betroffene Klub den Fan nun mit 20.340 € der insgesamt 60.000 € Strafe in Regress nehmen.

Mit diesem Urteil wird die Flamme um die brennenden Bengalos wieder angefacht.

Wie ist die derzeitige Rechtslage rund Pyrotechnik im Stadion?

Seit den 80er Jahren gehören die rauchenden Fackeln in das Bild der Stadien und sind Ausdruck jeder Fankultur. Der Slogan: „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ ist seit je her in der Fanpolitik heiß diskutiert. Während Faninitiativen die Legalisierung von Pyros fordern, machen Kritiker auf das Gefahrenpotential von Pyrotechnik aufmerksam. Entsprechende Urteile gibt es viele, in denen Strafen gegen Fans wegen Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, Körperverletzungen oder anderer Verstöße ausgesprochen wurden. Die Beantwortung der Frage ob Pyrotechnik in Stadien erlaubt ist erscheint daher einfach. Die Verwendung von Pyrotechnik im Stadion ist verboten.

a) Verbot durch Verordnungen

Das Ergibt sich zu einem bereits aus der Stadionordnung, in die ein Zuschauer bei Kauf der Eintrittskarte einwilligt (Eintrittskarten – AGB). Des Weiteren ist der Einsatz von Pyrotechnik durch die Versammlunsstättenverordnung (VStättVO) der Bundesländer verboten. Diese Verordnung verpflichtet Veranstalter dazu, den Einsatz von Pyrotechnik auf ihren Veranstaltungen zu unterbinden.

35 Abs. 2 der VStättVO: „In Versammlungsräumen, auf Bühnen- und Szenenflächen und in Sportstadien ist das Verwenden von offenem Feuer, brennbaren Flüssigkeiten und Gasen, pyrotechnischen Sätzen, Gegenständen und Anzündmitteln und anderen explosionsgefährlichen Stoffen verboten.“

Ferner schreibt der Deutsche-Fußball-Bund (DFB) den Vereinen in seinen Statuten vor, dass diese störungsfreien Spielabläufe sicherzustellen und insbesondere Kontrollen im Hinblick auf pyrotechnische Gegenstände durchzuführen haben.

Diese Verpflichtungen kommen Veranstalter und Stadionbetreiber nach, indem sie Pyrotechnik in der Hausordnung verbieten und entsprechende Kontrollen durchführen. Die Nichteinhaltung dieser Regelungen wird verbandsintern mit empfindlichen Geldstrafen sanktioniert. Aufgrund der aktuellen Entscheidungen können Vereine die gegen sie auferlegten Strafen in Teilen von den verursachenden Fans zurückverlangen.

Durch das Verbot von Pyrotechnik durch Verordnungen, sowie der Möglichkeit der Regressnahme von Fans an Verbandsstrafen, ist die Verwendung von Pyrotechnik im Stadion mit vielerlei Risiken verbunden.

b) Strafrechtliche Risiken

Von eingefleischten Pyrokritiker gibt es darüber hinaus regelmäßig Diskussionen über deren strafrechtliche Relevanz.

Im Fokus steht dabei eine Strafbarkeit nach dem Sprengstoffgesetz (SprengG). Die hierfür in Frage kommende Gesetzesvorschrift ist der § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG. Diese Norm greift jedoch nicht, wenn es sich bei der verwendeten Pyrotechnik um ein durch die Bundesanstalt für Materialforschung und –Prüfung (BAM) konformitätsbewertetes oder zugelassenes Pyrotechnik handelt.

40 Abs. 5 SprengG: „Die Tat ist nicht (…) strafbar, wenn eine (…) Handlung in Bezug auf einen (…) konformitätsbewerteten oder zugelassenen Pyrotechnischen Gegenstand begangen wird.“

Im Verwenden einer Pyro-Fackel, die den Sicherheitskriterien der BAM entspricht und mit dem Siegel CE, T1, T2, P1, P2 (Prüfsigel für Pyrotechnik) ausgestattet ist, wird kein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz gesehen. Bengalische Fackeln der Seenotrettung sind, sofern sie in Deutschland erworben wurden, der Kategorie P1 zugeordnet und somit kein Gegenstand im Sinne der sprengstoffrechtlichen Strafvorschrift. Allerdings kann die Rauchentwicklung auch bei zertifizierten Bengalos zu Gesundheitsschäden anderer Stadionbesucher führen, was zu einer Strafbarkeit aufgrund von versuchter Körperverletzung führen kann.

Die Strafbarkeit einer (versuchten) Körperverletzung setzt zumindest auch die billigende Inkaufnahme der Verletzung eines anderen Menschen voraus. Das heißt, der Täter muss die Verletzung eines anderen Menschen für Möglich halten und hinnehmen, um sein Ziel (Abbrennen der Bengalo) zu erreichen. Hier wird es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. Wirft jemand einen Brenn- oder Knallkörper beispielsweise in die Menschenmenge der Unterränge, wird eine „billigende Inkaufnahme“ der Verletzung anderer Menschen eher anzunehmen sein, als wenn jemand eine von der BAM zertifizierte Fackel mit seiner eigenen Hand nach oben hält. Dass auch dies gefährlich ist steht außer Frage. Wer gleichzeitig aber keinerlei Gefährdung anderer beabsichtigt, kann lediglich der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden, was  für eine Strafbarkeit der versuchten Körperverletzung nicht ausreicht. Das vorgesagte gilt natürlich nur, soweit tatsächlich niemand seiner Gesundheit beeinträchtigt wurde, da ansonsten in der Regel jedenfalls der Tatbestand der (fahrlässigen) Körperverletzung erfüllt.

In der Praxis werden schnell Anhaltspunkte gefunden, die sich in Richtung einer versuchten Körperverletzung interpretieren lassen und zur Einleitung von Ermittlungsverfahren führen. Nicht immer liegen die Intentionen aber in der Verletzung anderer Menschen, womit eine Überprüfung des jeweiligen Einzelfalls ratsam ist.

„smoking device area“ als Lösung ?

Regelmäßige Verhandlungen zwischen Faninitiativen und dem DFB über den Umgang mit Pyrotechnik gingen bisher ohne Erfolg auseinander. Warum nimmt man sich nicht das City Stadium in Orlando als Vorbild und richtet auch in deutschen Stadien eine „smoking device area“ ein? Das Dortmunder Westfalenstadion hat immerhin schon einen Stehplatzbereich eingerichtet, den sich Orlando City FC als „Yellow Wall“ einst selbst als Vorbild nahm.

 

 

Bildquelle: https://www.orlandocitysc.com