Dem SPIEGEL ist mal wieder ein Coup gelungen, jedenfalls wird es so verkauft. Die Enthüllungsplattform Football Leaks hat der Zeitschrift eine enorme Datenmenge bestehend aus Dokumenten zur Verfügung gestellt, die belegen sollen, dass Topverdiener aus dem Profifußball, genannt werden Namen wie Mesut Özil, Christiano Ronaldo oder José Mourinho, sich steuerrechtlicher Vergehen schuldig gemacht haben.

Es fallen Begriffe wie „Offshore-Geschäfte“, „Spielerberater“ und „Geheimverträge“. Dass die erlangten Dokumente nur unter Verletzung von Datenschutzgesetzen und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Steuergeheimnisses erlangt werden konnten, und ob der Zweck in diesem Fall die Mittel heiligt, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt.

Unter dem Titel „Football Leaks zu Özils Steuertricks ‚Das sieht richtig übel aus‘veröffentlichte DER SPIEGEL nun einen Beitrag (Heft 49/2016), der sich mit den vermeintlichen Steuerverfehlungen des Spielers des FC Arsenal Mesut Özil beschäftigt. Der Titel gibt vor, wohin die Reise gehen soll. Es soll sich hierbei um ein vermeintliches Zitat aus der vertraulichen E-Mail-Korrespondenz der spanischen Steuerberatungskanzlei Senn Ferrero von Mesut Özil handeln. Er liest sich wie eine perfekte Enthüllungsstory stellt jedoch eher einen grandiosen Beitrag zur allseits beliebten Neiddebatte dar, wenn er mit den von Mesut Özil in den Jahren zwischen 2011 und 2013 verdienten Millionen Umsätzen aus Vereinswechseln und Werbeverträgen nur so um sich wirft.

Der eigentliche gegen Mesut Özil erhobene Vorwurf, der eine Steuernachzahlung von ca. 2 Mio. Euro und einen Strafzuschlag in Höhe von ca. 790.000 Euro nach sich zog, gegen letzteren hat Özil wohl Widerspruch eingelegt,  waren Honorare an Spielervermittler, so z.B. in Höhe von jeweils 600.000 €, die Özils damaliger Berater Reza Fazeli für die Jahre 2011 und 2012 von Real Madrid erhalten haben soll. Nach Ansicht der Steuerbehörde hätte Özil seinen Agenten für den Wechsel von Werder Bremen zu Real Madrid entlohnen müssen – und nicht der Klub, so der SPIEGLEL. Hierbei habe es sich um geldwerte Leistungen gehandelt, die entsprechend von Mesut Özil zu versteuern gewesen wären.

So heißt es dann in dem Beitrag:

„Also verlangte der spanische Fiskus von Özil nachträglich die Einkommensteuer auf diesen Betrag. Schließlich habe Berater Fazeli Özils Arbeitsvertrag mit Real auch auf der Seite des Spielers unterzeichnet. Zudem habe Fazeli jahrelang Prokura bei der Özil Marketing GmbH gehabt. Wenn trotzdem Real den Berater bezahlt habe, dann sei das ein Einkommensvorteil für Özil – und von diesem zu versteuern.“

Was hier durch den SPIEGEL als ungeheuerlicher, und dem „internationalen“ Steuerrecht im groben Maße widersprechender Vorgang dargestellt wird, entsprach jedenfalls bis zur Mitte des Jahres 2013 der gelebten Fußballrealität und der steuerrechtlichen Praxis. Steuerrechtliche Klarheit schuf erst ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Az. XI-R-4/11 v. 18.08.2013, veröffentlicht am 16.10.2013).

Gegenstand des Urteils waren Vermittlungshonorare, die der Verein Borussia Mönchengladbach an Spielervermittler „für die Beratung und die Unterstützung beim Transfer“ bzw. bei der „Vertragsverlängerung“ gezahlt hatte. Das für Borussia Mönchengladbach zuständige Finanzamt kam im Rahmen einer Steuerprüfung zu dem Ergebnis, dass dem Verein aus sämtlichen Rechnungen der Spielervermittler kein Vorsteuerabzug zustehe, da zwischen dem Verein und den Spielervermittlern kein Leistungsaustausch stattgefunden habe. Die Spielervermittler wären allein für die Fußballspieler tätig gewesen.

Der BFH bestätigte nun die Auffassung des Finanzamtes: in der konkreten vertraglichen Ausgestaltung habe es keinen zu vergütenden, und damit zum Vorsteuerabzug berechtigenden, Leistungsaustausch zwischen Borussia Mönchengladbach und den Spielervermittlern ergeben. Der Verein habe selbst keine Spielervermittler mit Maklerdienstleistungen beauftragt, sondern sich nur auf die Entgegennahme von Spielerangeboten beschränkt. Jedenfalls konnte nichts anderes vorgetragen werden.

Dieses Vorgehen entsprach aber bis zu diesem Zeitpunkt der gelebten Fußballvertragsrealität und der steuerrechtlichen Praxis, wie die durch das Urteil des BFH aufgehobene Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf bestätigt.

Kurzer Exkurs:  Aber was ist bzw. macht überhaupt ein Spielerberater und gibt es einen Unterschied zum Spielervermittler?

Die Begriffe „Spielerberater“ und „Spielervermittler“ werden häufig synonym verwendet, wobei Spielerberater regelmäßig als Oberbegriff für alle Personen verwendet wird, die auf den Vertragsschluss mit einem Berufsfußballer in irgendeiner Weise Einfluss nehmen, z.B. auch Familie oder Eltern. Das Regelwerk der FIFA und des DFB kennt nur den Begriff des Spielervermittlers.

Spielervermittler ist nach den Regelungen der FIFA und des DFB:

Eine natürliche oder juristische Person, die gegen Entgelt oder kostenlos Spieler und/oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags vertritt oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Transfervereinbarung vertritt.“

Seit dem 1.4.2015 hat das neue Reglement zur Arbeit mit Vermittlern das bis dahin bestehende Lizenzierungsverfahren für Spielervermittler abgelöst. Die FIFA hat in ihrem „REGLEMENT zur Arbeit mit Vermittlern“ die Mindeststandards festgelegt, die jeder Verband auf nationaler Ebene, hier also der DFB durchsetzen muss. Der DFB hat dies mit den im Wortlaut fast identischen „DFB-Reglement für Spielervermittlung“ getan.

Spieler und Vereine dürfen beim Abschluss eines Berufsspielervertrags und/oder einer Transfervereinbarung grundsätzlich die Dienste von Vermittlern in Anspruch nehmen. Hierbei darf es zu keiner Interessenkollision kommen, bzw. muss diese offengelegt werden, wenn z.B. ein Vermittler auf Seiten eines Spielers und gleichzeitig des Vereins tätig wird.

  • Person des Vermittlers

Einer Lizenz bedarf der Spielervermittler nicht (mehr). Der Vermittler muss volljährig sein. Als Spielervermittler dürfen keine Offiziellen im Sinne der FIFA Statuten tätig werden, also z.B. insbesondere keine Vorstands-, Ausschuss- und Kommissionsmitglieder, Schiedsrichter, Schiedsrichterassistenten, Trainer, Betreuer sowie technische, medizinische und administrative Verantwortliche der FIFA, einer Konföderation, eines Verbandes, einer Liga oder eines Vereins.

  • Registrierung

Wenn ein Spielervermittler an einer Transaktion beteiligt ist, muss er beim DFB registriert werden. Der DFB unterhält ein Vermittlerregister. In diesem Register müssen Vermittler jedes Mal registriert werden, wenn sie an einer Spieler-Transaktion beteiligt sind. Nach Abschluss einer Transaktion müssen der beauftragende Verein und/oder Spieler diverse Unterlagen beim DFB einreichen oder sich bemühen, dass der Vermittler die Unterlagen einreicht, unter anderem eine sog. Vermittlererklärung, ein Führungszeugnis und den Vermittlungsvertrag. Das OLG Frankfurt (Az. 11 U 70/15) hatte kürzlich zu der Vermittlererklärung festgestellt, dass die darin enthaltene verbindliche Unterwerfung des Spielervermittlers unter die „Statuten und Reglements der Verbände, Konföderationen und der FIFA“ unzulässig sei.

  • Zahlungen an Vermittler

Das DFB-Reglement für Spielervermittlung sieht in § 7 vor, dass die Vergütung, die einem mit der Vertretung eines Spielers beauftragten Vermittler geschuldet wird, berechnet sich auf der Grundlage des Bruttogrundgehalts des Spielers für die gesamte Vertragsdauer. Die Vergütung einschließlich der auf sie entfallenden Umsatzsteuer darf 14% des dem vermittelten Arbeitnehmer zustehenden Arbeitsentgelts nicht übersteigen (§ 2 VermVergVO). Vereine, die die Dienste eines Vermittlers in Anspruch nehmen, zahlen ihm als Vergütung einen Pauschalbetrag, der vor Abschluss der fraglichen Transaktion zu vereinbaren ist. Die Vergütung darf sich prozentual an der Transfersumme für die unter Beteiligung des Vermittlers zustande gekommene Transaktion orientieren.

 FAZIT:

Was als große Enthüllungsstory beginnt und mit dem reißerischen Titel „Das sieht richtig übel aus“ überschrieben ist, fällt im Verlauf des Studiums des Beitrags ziemlich schnell in sich zusammen und läuft letztlich darauf hinaus, dass es erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten zwischen der deutschen und der spanischen Steuerberatungskanzlei von Mesut Özil gegeben haben muss, wenn die Zitate und Quellen des SPIEGEL stimmen, und dass auch Mesut Özil, bzw. seine Steuerberater von der steuerrechtlichen Bewertung von Spielervermittlungsleistungen eingeholt wurden. Ob diese Vorgänge und ein angeblicher „Geheimvertrag“ zur außergerichtlichen Streitbeilegung – nicht alles was außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet ist gleich ein Geheimvertrag – das reißerische Gewand rechtfertigen, in dem der Beitrag daherkommt sind journalistische Geschmackssache. Jedenfalls im Hinblick auf die steuerrechtliche Beurteilung von Spielervermittlerhonoraren und die diesbezüglich gelebte Praxis in der Vergangenheit lässt sich diese (künstlich erzeugt anmutende) Aufregung nicht wirklich nachvollziehen.

 

Foto: Ronnie Macdonald, Özil penalty -1. CC BY 2.0