Seit dem 1.1.2016 verlangt der Deutsche-Leichtathletik-Verband (DLV) bei Veranstaltern von Straßenläufen eine pauschale Gebühr von 1 Euro pro Finisher. Was erstmal nach wenig aussieht, verändert sich wenn man die Teilnehmerzahlen kumuliert. Beim Berlin-Marathon sind das schon mal 40.000 Teilnehmer. Der Verband nennt das „Gebührenanpassung“ um den Laufsport in Deutschland zu fördern. Dass Veranstalter mit der Gebühr um das Fortbestehen ihrer Wettbewerbe fürchten liegt auf der Hand. Ein Großteil von Laufveranstaltungen wird von privaten Unternehmen wie Event-Agenturen oder auch von gemeinnützigen Vereinen organisiert. In der Tat ist es fraglich, auf welcher gesetzlich- oder rechtlichen Grundlage der DLV bei Sportveranstalter Gebühren erheben möchte.

  1. Ein-Platz-Prinzip

Das Ein-Platz-Prinzip ist wesentliches Kennzeichen des Sportverbandswesens. Es besagt, dass es in jedem Sportfachgebiet nur einen Spitzenverband geben darf. Unter jedem Weltfachverband gibt es nur einen nationalen Dachverband, welcher wiederum von seinen Mitgliedern verlangt, dass sie das Ein-Platz-Prinzip bis auf regionaler Ebene durchsetzen.  Mithin wird nationalen- und internationalen Sportverbände eine Monopolstellung eingeräumt. Aufgabe der Spitzenverbände – und des Ein-Platz-Prinzips – ist es, ein einheitliches Regelwerk festzulegen. Beschränkt wird das Ein-Platz-Prinzip jedoch auf Wettbewerbe, bei denen direkt oder indirekt Nationen oder Gebietskörperschaften gegeneinander antreten. Mithin beschränkt sich das ganze auf Welt-, Europa,- Landes- und Regionalmeisterschaften. Für solche Veranstaltungen besteht somit ein besonderer Schutz zugunsten der Verbände. Veranstaltungen, die nicht als Meisterschaft ausgetragen werden, unterliegen nicht dem Ein-Platz-Prinzip.

  1. Vertragliche Grundlagen

Eine Pflicht zur Gebührenabgabe an den DLV könnte sich aus einer vertraglichen Bindung zwischen Veranstalter und Verband ergeben. Eine solche vertragliche Bindung entsteht, wenn der Veranstalter Mitglied im DLV ist, oder seine Veranstaltung beim Verband anmeldet. Mit einer solchen Mitgliedschaft erkennt der Veranstalter die Satzung des Verbands an, es entsteht eine einzelvertragliche Grundlage zur Erhebung von Gebühren.

Allerdings steht es jedem Veranstalter frei, seine Veranstaltung beim Verband anzumelden – dies gilt insbesondere für kommerzielle Veranstalter.

Anders verhält es sich unter Umständen bei Veranstaltungen, die von einem Landesverband oder Verein organisiert werden. Aufgrund des pyramidenförmigen Aufbaus der Spitzenverbände unterliegen die Landesverbände dem nationalen Verband DLV. Weiter unten in der Pyramide sind die Sportvereine, welche Mitglied der Landesverbände und somit auch mittelbar Mitglied im DLV sind.

Es ist denkbar, dass die Satzungsbestimmungen des DLV auch Geltung für die Vereine haben. Dies ist dann der Fall, wenn die Satzung  des DLV 1 zu 1 in der Satzung des jeweiligen Landesverbandes übernommen wurde. Ist der Beschluss zur Einführung einer Gebührenpauschale ordnungsgemäß erlassen worden, kann er auch gegenüber Sportvereinen Wirkung haben. Besteht zwischen Veranstalter und dem DLV weder unmittelbar noch mittelbar eine Bindung, entfaltet der Beschluss diesem gegenüber auch keine Wirkung aus vertraglicher bzw satzungsrechtlicher Grundlage.

An den Satzungen des DLV sind nur seine Mitglieder gebunden. Nichtmitglieder unterliegen nicht der Satzungsgewalt des DLV.

  1. Gesetzliche Grundlage

Sofern die geplante Laufveranstaltung in Deutschland stattfindet, unterliegt sie in allen rechtlichen Fragen dem deutschen Recht. Anders als es beispielsweise in Spanien und Frankreich der Fall ist, besteht nach deutschen Recht kein Anspruch des Sportverbandes darauf, sämtliche Sportveranstaltungen alleine durchzuführen oder Veranstalter zu verpflichten, eine Erlaubnis bei der DLV einzuholen.

Zur Begründung seiner Forderungen beruft sich der DLV auf ein Gerichtsurteil des OLG Düsseldorf vom 02.04.2013, Az. VI-U (Kart) 9/13. In dem Verfahren ging es um eine Auseinandersetzung zwischen einem nicht-verbandsangehörigen Triathlon-Veranstalter und einem Triathlon-Verband. Der Veranstalter hatte beim Verband die Genehmigung seines Wettbewerbes beantragt und auch erhalten. Hierfür hat der Verband eine Veranstaltergebühr erhoben. Durch die Erstattung der Wettkampfgenehmigung ist der Veranstalter mit dem Verband eine vertragliche Bindung eingegangen, die es dem Verband ermöglicht auch von einem nicht verbandsangehörigen Veranstalter eine Gebühr zu verlangen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn an dem Wettbewerb Sportler teilnehmen, die durch einen Verband lizensiert sind.

Wie schon eingangs erwähnt besteht aber keine Verpflichtung seitens der Veranstalter, sich eine Genehmigung  von einem Verband einzuholen. Vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um eine Veranstaltung die dem Ein-Platz-Prinzip unterliegt.

Wettbewerbsrechtliche Beschränkung

Denkbar ist, dass eine Sportveranstaltung dem Wettbewerbsrecht, § 4 Nr. 3 UWG (unlautere Nachahmung) unterliegt. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts setzt voraus, dass der Veranstalter und der DLV in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Geht man davon aus, dass zwischen dem Veranstalter eines Sportevents und der DLV ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht (auch die DLV veranstaltet Wettbewerbe oder genehmigt sie), ist allerdings schwer zu begründen, dass die Sportveranstaltung eine Nachahmung derer der DLV ist. Sofern der Teilnehmer nicht auf die Idee kommt, dass es sich bei der Veranstaltung um ein Angebot der DLV handelt, liegt keine Herkunftstäuschung vor. Es fehlt dann an einem unlauteren Verhalten, das zusätzlich zur Nachahmung von § 4 Nr. 3 UWG verlangt wird. Auch eine unangemessene Ausnutzung bzw Beeinträchtigung der Wertschätzung des DLV oder seiner Veranstaltungen dürfte regelmäßig nicht vorliegen. Es geht bei Laufveranstaltungen kommerzieller Veranstalter nicht darum, sich an den guten Ruf des DLV oder seiner eigenen Wettbewerbe anzuhängen. Der Sinn besteht vielmehr darin, ein eigenes Event-Angebot anzubieten. Sportveranstaltungen sind in Deutschland auch nicht durch andere Leistungsschutzrechte oder urheberrechtlich geschützt.

 

Eine gesetzliche Grundlage, die einen Sportverband zur Erhebung einer pauschalen Teilnehmergebühr berechtigt, existiert nicht.

 

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