Im Sinsheimer Stadion wurden, um gegen wiederholte Beleidigungen und Schmähgesänge gegen den TSG 1899 Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp vorzugehen, nicht nur zahlreiche hochauflösende Videokameras installiert, sondern auch Richtmikrofone am Gästeblock. Dadurch sollen Schmähgesänge aufgezeichnet und an die Polizei weitergegeben werden. Dies führt nun offenbar zu einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Mithilfe der Aufzeichnungen und der Auswertung durch szenekundige Polizisten konnten Fans nachgewiesen werden, dass sie sich an den Schmähgesängen beteiligt hatten. Entscheidend hierbei ist, dass die Audiotechnik nur angeschaltet wird, wenn es zu strafrechtlich relevanten Szenen kommt, andernfalls erfolgt keine Aufzeichnung. Da es nur anhand der Tonaufnahmen nicht möglich ist einzelne Fans herauszufiltern, muss die im Rahmen der Verarbeitung durch die Polizei geschehen. Besonders ist, dass die DFL nur die Videoüberwachung vorschreibt (vgl. DFL Sicherheitskonzept Anhang VI Regelwerk für Stadien und Sicherheit, Stand 14.12.2018, S. 4 (Definitionen), Art. 219). Zudem ist anzumerken, dass der Tonaufzeichnungen mit den Videoaufzeichnungen synchronisiert werden, denn die Videoüberwachung alleine erfolgt ohne Ton.

Handelt es sich bei Tonaufnahmen um personenbezogene Daten iSd. Art. 4 Abs. 1 DSGVO?

Tonaufnahmen bzw. Aufzeichnungen von Stimmen könnten biometrische Daten iSd. Art. 4 Nr. 14 DSGVO sein. Dazu müssten die biometrischen Daten mit einem speziellen technischen Verfahren gewonnen worden sein. Dies wäre bei der Analyse von Stimmmerkmalen gegeben, allerdings wird bei den Tonaufnahmen nicht eine einzelne Person aufgenommen und die anschließende Auswertung erfolgt durch Beamte. Da auch schon „normale Lichtbilder“ keine biometrischen Daten sind, ist dies bei Tonaufnahmen ähnlich zu sehen.

Mit der Aufzeichnungen des Tons sollen jedoch Personen eindeutig bestimmt/ identifiziert werden. Audioaufnahmen von Stimmen sind daher als personenbezogene Daten zu sehen. Auch ohne Aufzeichnung ist die Stimme bereits als personenbezogenes Datenelement zu sehen. Dies liegt daran, dass sie die Identifizierung einer Person ermöglichen sollen und spezifisch für ihre physiologische Identität. Zudem sind bereits „bei wissenschaftlicher Forschung die Frage nach dem Erfordernis eines Personenbezugs zu stellen. Dies gilt auch für die Erstellung von Video- und Audiodateien.“

Mithin handelt es sich bei Tonaufnahmen um personenbezogene Daten iSd. Art. 4 Abs. 1 DSGVO.

Einschlägige Erlaubnistatbestände?

Verarbeitung nach Art. 6 DSGVO

Eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO ist abzulehnen, da die Einholung der Einwilligung bei derart großen Menschenmengen wie in einem Fußballstadion a) nur schwer möglich wäre und b) offenkundig nicht eingeholt wurde. Somit bleibt nur noch die Möglichkeit der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO wegen berechtigten Interessen. Ein solches Interesse wurde bereits von dem Landesbeauftragten für Datenschutz für Baden-Württemberg grundsätzlich bejaht.

„Das ist zwar eine ungewöhnliche Vorgehensweise, aber Hoffenheim hat berechtigtes Interesse, so vorzugehen. Die gegenläufigen schutzwürdigen Belange der Betroffenen, also von Stadionbesuchern und auch von den Tätern, um die es da in dem Kontext ging, sind zwar absolut relevant, überwiegen aber nicht das berechtigte Interesse des Betreibers. Auch nicht einer Weitergabe solcher Daten an die Polizei, und letztlich war daher aus unserer Sicht die Datenverarbeitung nicht zu beanstanden.“

Zudem bestätigte der Leitende Beamte beim Datenschutzbeauftragen für Baden-Württemberg, dass das Abhören einer Einzelperson nicht möglich sei. Bei der TSG Hoffenheim liegt das berechtigte Interesse in der Strafverfolgung wegen den Beleidigungen und den Schmähgesängen. Der Landesdatenschutzbeauftrage hatte auch die schutzwürdigen Interessen der BVB-Fans anerkannt, allerdings überwägen diese nicht das Interesse der TSG 1899 Hoffenheim.

Verarbeitung nach Art. 9 DSGVO

Falls, trotz oben durchgeführter Prüfung, die Tonaufzeichnungen als biometrische Daten angesehen werden sollten, ist eine Verarbeitung nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ausgeschlossen. Eine Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO ist wie oben abzulehnen. Ein erhebliches öffentliches Interesse in Verbindung mit Unionsrecht nach Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO ist abzulehnen, da durch Beleidigungen keine qualifizierte Gefahr für Gemeinschafts- oder Individualgüter besteht. Ein öffentliches Interesse kann hierbei alles sein, was der Gemeinschaft dient. Zudem muss dir Realisierung des öffentlichen Interesses durch die Aufgabenwahrnehmung öffentlicher Stellen erfolgen (Weichert in: Kühling/Buchner, DSGO Art. 9 Rn. 91.). Die TSG Hoffenheim hat allerdings auf Drängen von Dietmar Hopp und auf Anregung der Staatsanwaltschaft Heidelberg die Richtmikrofone installiert.

Fazit

Die Aufzeichnung der Fan-Gesänge (sofern es sich um strafrechtlich relevante Teile handelte) war datenschutzrechtlich vom Erlaubnistatbestand des Artikel 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO gedeckt. Auch die anknüpfende Weitergabe der Daten an die Strafverfolgungsbehörden ist folglich datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Überdies ist zu sagen, wer andere beleidigt, diffamiert oder in Ihrer Ehre herabsetzen möchte, darf dies sowohl im öffentlichen Leben nicht als auch vermeintlich „versteckt“ in einer großen Menschenmenge.

Text by Lasse Konrad