Videospiele sollen so authentisch wie möglich sein. Neben gefühlten live-Kommentaren sind auch die Sportler maßstabgetreu abgebildet, und zwar so gut, dass sogar detaillierte Tattoos zu erkennen sind. Das Kopieren eines Tattoos ist jedoch mehr als die bloße naturgetreue Abbildung einer Person. Wer ein von einem anderen Tattookünstler geschaffenes Werk vervielfältigt – sei es auch nur virtuell – begeht einen echten Rechtsbruch.

Aufgrund von unbefugter Vervielfältigung ihrer Tattoos führten in den USA Profisportler wie LeBron James und Kobe Bryant sowie der Tätowierer von Mike Tyson bereits Prozesse mit Sportartikelherstellern und Medienunternehmen. Zwar sind in Deutschland solche Prozesse bisher nicht bekannt, dies kann sich jedoch jederzeit ändern.

1. Urheberschutz amTattoo

Zunächst stellt sich die Frage, ob Tattoos überhaupt Urheberschutz genießen. Voraussetzung für die Schutzfähigkeit ist, dass es sich dabei um ein Werk der persönlichen geistigen Schöpfung handelt. Für diese Einschätzung sind bestimmte Kriterien erforderlich:

  • das Werk muss aus einer persönlichen Tätigkeit hervorgehen und von Menschen geschaffen sein,
  • über einen geistigen Inhalt verfügen
  • und ein gewisses Maß an Individualität und Kreativität (Schöpfungshöhe)

Nicht selten sind zeichnerische Entwürfe und deren Umsetzung als Tattoo erhebliche Kreativleistungen die von Menschen geschaffen werden. Und dank des Prinzips der kleinen Münze, nach welchem die Messlatte in Hinblick auf die Schöpfungshöhe niedrig anzulegen ist, unterliegen selbst die weniger geistreichen Tattoos der Werkeigenschaft.

2. Wer ist Inhaber des Urheberrechts?

Der Urheberschutz entsteht mit der Werkschöpfung. Rechtsinhaber ist dabei der Urheber, also der Schöpfer des Werkes. Der Urheber ist durch das Urheberpersönlichkeitsrecht untrennbar mit dem Werk verbunden. Daraus ergeben sich folgende Rechte des Urhebers:

Selbst wenn das Werk aufgrund einer Bestellung oder Beauftragung erschaffen worden ist, kann der Besteller niemals auch Urheber sein. Diesem kann höchstens ein Nutzungsrecht eingeräumt werden.

3. Nutzungsrecht am eigenen Tattoo

Da das Urheberpersönlichkeitsrecht stets beim Tätowierer liegt, dürfte der Tätowierte an seiner Tätowierung nur ein Nutzungsrecht erwerben. Das gilt selbst dann, wenn das Tattoo wesentlicher Bestandteil des eigenen Körpers geworden und mit diesem untrennbar verbunden ist. Für die Einräumung eines Nutzungsrechts bedarf es einer Vereinbarung zwischen Tätowierer und tätowiertem, woran es in der Praxis fehlen dürfte.

In § 60 UrhG ist geregelt, dass der Besteller eines Werkes dieses zumindest zu nicht gewerblichen Zwecken als Lichtbild beliebig oft vervielfältigen und verwerten darf.

Davon ausgehend, dass keine ausdrückliche Nutzungsrechtsvereinbarung getroffen wurde, ist danach zu fragen, was Tätowierer und Kunde wohl vernünftigerweise vereinbart hätten. Da so ein Tattoo eine ziemlich dauerhafte Angelegenheit ist, dürften die Nutzungsrechte dementsprechend weitgehend sein. Man kann wohl davon ausgehen, dass eine Einschränkung der eigenen Autonomie nicht vereinbart worden wäre. Insofern wird wohl die Vermarktung der eigenen Person auch dann möglich sein, wenn für Abbildungen Geld verlangt wird.

Wird hingegen nur das Tattoo abgebildet, sodass der übrige Körper nicht zu erkennen ist (z.B. Abbildung des Tattoos auf Merchandise-Produkte), dürften die Belange des Tätowierten an seiner körperlichen Autonomie hinter die Rechte des Tätowierers zurücktreten, womit eine gewerbliche Nutzung ohne Einwilligung des Tätowierers nicht zulässig ist.

4. Rechte des Tätowierers

Spricht man dem Tätowierten bei Fehlen einer ausdrücklichen Nutzungsrechteinräumung eine derart weitreichende Nutzungsmöglichkeit zu, so muss man dem Urheber zumindest das Recht auf Urhebernennung gem. § 13 UrhG einräumen.

Wie ist es aber, wenn Dritte, also z.B. Medienunternehmen urheberrechtlich geschützte Tattoos in ihren Videospielen abbilden? Sofern zwischen dem Tätowierten und dem Tätowierer nichts anderes vereinbart ist (ausdrücklich oder konkludent), obliegen die Rechte an dem Tattoo ausschließlich dem Tätowierer. Jeder andere braucht für die Vervielfältigung des Tattoos seine Zustimmung. Eine Vervielfältigung liegt schon dann vor, wenn das Tattoo abfotografiert oder im Videospiel Abgebildet wird.

5. Einschränkungen des Urheberrechts

Aber zum Glück gibt es Ausnahmen. Sobald das Tattoo nämlich bloß unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Hauptfotomotiv ist, ist die Verwertung und Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers erlaubt. Das Tattoo ist dann unwesentliches Beiwerk, wenn man es austauschen könnte, ohne dass sich die Aussage des Bildes verändert. Hier kommt es also maßgeblich auf den Einzelfall an. Steht das Tattoo im Zentrum des Bildes und beeinflusst die Wirkung und den Charakter des Bildes erheblich, kann nicht mehr von einem unwesentlichen Beiwerk ausgegangen werden. Ein Cover-Bild für ein Videospiel kann somit also zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen, als Bewegtbilder in einem Videospiel, wo das Tattoo an einer Person keinen thematischen Einfluss auf den Bildcharakter hat.

Ferner ist im Urheberrecht noch an die Ausnahme der Panoramafreiheit zu denken. Danach ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, zu vervielfältigen. Diese Ausnahme beschränkt sich jedoch auf Werke an sog. öffentlichen Plätzen. Tattoos, die sich am Körper von Personen befinden, fallen hier jedoch nicht drunter.

6. Fazit

Tattoos sind in der Regel urheberrechtlich geschützt. Wird zwischen Tätowiertem und Tätowierer keine ausdrückliche Regelung zu Nutzungs- und Verwertungsrechten getroffen, sind diese anhand der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln. Dabei wird man zu dem Schluss kommen, dass dem Tätowierten sehr weitgehende Rechte eingeräumt werden. Sofern es bei der Abbildung oder Darstellungen einer Person um die Darstellung des Sportlers und nicht des Tattoos geht, bestehen urheberrechtlich keine Bedenken.

 

 

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