Nach Informationen der Frankfurter Allgemeine Zeitung hat der Fußballverband Qatars seine Drohung wahr gemacht und eine Unterlassungsklage beim Landgericht in Düsseldorf gegen Theo Zwanziger, den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eingereicht. Nach Außen gibt sich Herr Zwanziger gelassen. Zu Recht?

Gegenstand der nun gegen ihn erhobenen Unterlassungsklage mit einem Streitwert von 100.000 Euro dürfte wohl seine in verschiedenen Medien getätigte folgende Aussage sein:„Der unendliche Reichtum dieses kleinen Landes Katar breitet sich fast wie ein Krebsgeschwür über den Fußball und den Sport aus“. Die Äußerungen Zwanzigers wurden vom Fußballverband Qatars in der Abmahnung als eine „nicht hinnehmbare Verleumdung und Herabwürdigung seiner Bürger und staatlichen Gemeinschaft beziehungsweise seiner Mitglieder“ beschrieben. Qatar sei grundsätzlich offen für konstruktive Kritik, das von Zwanziger benutzte Wort „Krebsgeschwür“ sei aber eben das genaue Gegenteil. Zudem fehle es Zwanzigers Kritik an Beweisen. Zwanziger ist seit jeher ein heftiger Kritiker der WM Vergabe 2022 an das Emirat und hatte seiner Empörung über die Ausbeutung der Ausbeutung auf den Baustellen des Landes und  hinsichtlich der Korruptionsvorwürfe gegen das Emirat stets Luft gemacht. Er teilt diese Auffassung mit diversen Menschenrechtsorganisationen.

Bei Unterlassungsklagen ist beim Gegenstand der zu unterlassenden Äußerung stets zwischen Tatsachenbehauptungen, also solchen Äußerungen, die dem Beweis zugänglich sind, und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Im Grundsatz lässt sich sagen: wahre Tatsachen sind in den meisten Fällen hinzunehmen, unwahre nicht. Meinungsäußerungen sind zu dulden, wenn sie die Schwelle zur Schmähung nicht überschreiten. Um Schmähkritik handelt es sich, wo die bewusste Herabsetzung im Mittelpunkt steht und insbesondere in einen Angriff auf die Menschenwürde umschlägt. Das ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn die Absicht zu verletzen stärker hervortritt als die Absicht zur Kundgabe der eigenen Meinung. Häufig fehlt diesen Äußerungen ein ihnen zugrunde liegender tatsächlicher Bezug. Enthält eine Äußerung sowohl tatsächliche als auch wertende Elemente ohne dass diese sich klar trennen ließen, so ist sie insgesamt als Meinungsäußerung zu behandeln, wenn sie durch die wertenden Elemente geprägt wird.

Zwanzigers Äußerung lässt sich nur als Meinungsäußerung einstufen.

Die Bezeichnung des Reichtums eines Landes (entgegen der Darstellung in der FAZ zu der Klage hat er nicht Qatar selbst als Krebsgeschwür bezeichnet, sondern lediglich den Reichtum des Landes) als „Krebsgeschwür“ ist eine nicht dem Beweis zugängliche scharfe Meinungsäußerung, die dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG unterfällt. Die Äußerung ist das Ergebnis der persönlichen Einschätzung der Entwicklungen rund um das Emirat. Hinzu tritt, dass insbesondere politischen Äußerungen ein besonders weiter Schutz zukommt. Dieser Schutz ist sogar noch erweitert, wenn sich die Kritik gegen Institutionen wie Staaten oder Regierungen, anders als gegen einzelne natürliche Personen richtet. Hauptanknüpfungspunkt der Äußerung Zwanzigers sind die tatsächlichen Umstände, die zur Vergabe der WM an das Emirat geführt haben. Seine Äußerung fiel in einem politischen und gesellschaftlichen Diskurs über die Entwicklungen im Profifußball. Sie hat einen sachlichen Anknüpfungspunkt und ist Ausdruck einer persönlichen Meinung ohne ein sie überlagerndes erkennbares Ziel einer bloßen Herabsetzung. Diese Form der Meinungsäußerung erlaubt auch eine drastische überspitzte Sprache. Die Grenze zur Schmähung ist nicht überschritten.

Herr Zwanziger kann ruhig schlafen… Die Klage wird unter den hier angenommenen Voraussetzungen keinen Erfolg haben.

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