EIN ZWEITES BOSMAN-URTEIL?

Das Arbeitsgericht Mainz hat im Fall des früheren Bundesliga-Torwarts Heinz Müller entschieden, dass sein befristeter Arbeitsvertrag nicht rechtmäßig war. In der Eigenart der Fußballbranche liege kein sachlicher Grund, der eine wiederholte Befristung von Arbeitsverträgen rechtfertigt. Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für den gesamten Profifußball haben.

Worum geht es?

Der langjährige Profitorwart Heinz Müller hatte 2012 einen Zweijahresvertrag beim Bundesligaverein FSV Mainz 05 unterschrieben, den der Verein fristgerecht auslaufen ließ. Müller klagte jedoch auf „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis“ und somit gegen die Befristung seines Vertrages und das damit einhergehende Vertragsende 2014 und bekam Recht.

Das Arbeitsgericht Mainz entschied, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Spitzensportler nur nach Maßgabe des § 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) zulässig sei. Ohne Sachgrund darf der Vertrag auf eine Laufzeit von maximal zwei Jahren mit maximal drei Verlängerungen befristet werden. Profifußballer könnten somit nicht weiterhin beliebig oft Zwei- oder Dreijahresverträge erhalten. Die sogenannte Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren war bereits überschritten, weil der Torwart beim FSV Mainz 05 schon von 2009 bis 2012 einen Dreijahresvertrag unterschrieben hatte.

Bisher wurde dieser Sachgrund für die Befristung von Verträgen mit den speziellen Bedingungen der Branche begründet: kein Verein könne abschätzen, wie sich die Fähigkeiten des Spielers mit zunehmendem Alter entwickeln. Die Befristung der Verträge gab den Vereinen bisher die Möglichkeit, hierauf zu reagieren. Dazu hat man mit Spielern vor Ende der Vertragslaufzeit einen neuen Arbeitsvertrag ausgehandelt.

Das Arbeitsgericht Mainz sieht in der Eigenart des Profifußballs noch keinen Sachgrund für die Befristung eines Vertrages. Fußballer müssen demnach wie normale Arbeitnehmer behandelt werden. Das schließt befristete Verträge überwiegend aus. Für die Spieler und Vereine könnte ein Wechsel des Arbeitgebers nur noch über den Weg der ordentlichen Kündigung erreicht werden. Andernfalls gilt der Vertrag bis zur Rente.

Was nun?

Noch ist das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz nicht rechtkräftig, der Gang vor das Landesarbeitsgericht oder gar das Bundesarbeitsgericht ist möglich. Diese Vorgehensweise kündigte der Präsident des FSV Mainz 05, Harald Strutz, bereits an. Er verglich das Urteil mit dem Bosman-Urteil von 1995. Damals hatte der belgische Fußballer Jean-Marc Bosman vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten, dass Spieler nach Vertragsablauf ablösefrei wechseln dürfen und revolutionierte das internationale Transfersystem.

Wird das Urteil rechtskräftig, würde die gängige Praxis der Aufeinanderfolge befristeter Verträge im Profifußball nicht mehr ohne weiteres möglich sein.

Die voraussichtliche Bestandskraft des Urteils:

Eine verlässliche Einschätzung der Situation ist bislang nicht möglich, da das schriftliche Urteil und die Urteilsbegründung den Verantwortlichen des FSV Mainz 05 noch nicht vorliegen. Dass das Urteil Auswirkungen vergleichbar mit dem Bosman-Urteil haben wird, kann jedoch stark angezweifelt werden. In bereits ergangenen Urteilen verschiedener Gerichte wurden befristete Verträge im Profifußball für zulässig erachtet.

Der Sachgrund gem. §14 TzBfG, der für die Vergabe befristeter Verträge über eine Maximaldauer von zwei Jahren hinaus notwendig ist, wurde stets mit der Branchenüblichkeit begründet. Da der Sport stark am Leistungsgedanken orientiert ist, muss den Vereinen ein gewisses Maß an Flexibilität zugesichert werden, um auf die zu erwartenden körperlichen Defizite der Spieler zu reagieren.

Es gilt daher besonders darauf zu achten, welche Gründe die Richterin des Arbeitsgerichts im Fall Heinz Müller dazu verleiteten, die Frage der Rechtmäßigkeit von befristeten Arbeitsverträgen im Profifußball anders zu beantworten als vorangegangene Urteile.