Ein kurzer Aussetzer mit riesigen Konsequenzen – weil er einen Ordner tätlich angriff, löste sein Verein Bayer 04 Leverkusen den Vertrag mit Emir Spahic auf. Darüber hinaus erwartet ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung. Zu den rechtlichen Aspekten der Vertragsauflösung und des Ermittlungsverfahrens.

Was ist passiert?

Emir Spahic, ehemaliger Spieler des Bundesligavereins Bayer 04 Leverkusen, hatte nach dem DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern am Mittwochabend noch im Stadion eine Auseinandersetzung mit mehreren Ordnern. Dies wurde von einem Stadionbesucher gefilmt. Einem der Ordner versetzt er sogar einen Kopfstoß, nach Medienangaben soll dieser infolgedessen mehrere Zähne verloren haben.

Bayer 04 Leverkusen löste den Vertrag mit dem Spieler kurz nach dem Vorfall mit sofortiger Wirkung in beiderseitigem Einvernehmen auf. Außerdem nahm die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung auf. Auch der DFB-Kontrollausschuss reagierte, er forderte Spahic auf, bis Anfang kommender Woche eine Stellungnahme zum Vorfall abzugeben.

Die Vertragsauflösung als logische Konsequenz

Interessant ist, dass Bayer 04 Leverkusen Spahic nicht gekündigt hat, sondern der Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst wurde. Die Möglichkeit der Aufhebung eines Vertrages erwächst aus dem Grundgedanken der Privatautonomie, die dem gesamten Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde liegt. Es ist jeder Vertragspartei freigestellt, mit wem sie kontrahiert und welchen Inhalt die Verträge haben. Demnach muss es im Umkehrschluss möglich sein, sich ungehindert von einem Vertrag zu lösen – wenn beide Parteien dies wollen.

Der Aufhebungsvertrag ist der actus contrarius, das heißt der gegenteilige Akt zum Arbeitsvertrag und eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung. Zu seinem Abschluss ist es notwendig, dass sich beide Parteien auf ihn einigen. Darin besteht der grundsätzliche Unterschied zur Kündigung, die einseitig von einer Vertragspartei erfolgt. Bei einem Aufhebungsvertrag besteht die Möglichkeit, weitere Vereinbarungen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeendigung zu treffen, so zum Beispiel Abfindungsregelungen. Emir Spahic stimmte dem Aufhebungsvertrag ohne weitere Forderungen zu.

Für Spieler und Verein war diese Vorgehensweise praktischer. Einerseits wurde ein möglicher Rechtsstreit bei fristloser Kündigung des Spielers vermieden. Andererseits macht Spahic so öffentlichkeitswirksam deutlich, dass er sein fehlerhaftes und rufschädigendes – sowohl für ihn selbst, als auch für den Verein – Verhalten eingesehen hat. Andernfalls hätte er dem Aufhebungsvertrag widersprechen können, so dass der Verein den Weg über eine Kündigung hätte einschlagen müssen. Es wird ihm leichter fallen, in näherer Zukunft einen neuen Verein zu finden, da er den ersten Schritt zur Wiederherstellung seines Rufs getan hat.

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren

Über die bereits getroffenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen hinaus leitete die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung ein. Fehlerhafterweise wurden kurz nach dem Spiel am Mittwochabend etliche Artikel publiziert, in denen es hieß, es werde wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. Dies wurde bisher nur teilweise revidiert.

Eine schwere Körperverletzung würde gem. § 226 I StGB voraussetzen, dass die verletzte Person

  1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert
  2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
  3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt

und ist mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu Zehn Jahren bedroht.

Der Ordner soll nach Medienberichten durch den Kopfstoß mehrere Zähne verloren haben. Dadurch könnte dieser im Sinne der Nummer 3 dauerhaft entstellt sein. Bei der „Entstellung“ wird jedoch nur auf das äußere Erscheinungsbild abgestellt. Daher liegt eine dauernde Entstellung des Opfers nicht vor, wenn die Entstellung dem Betrachter mittels eines mit dem Körper verbundenen Hilfsmittels, beispielsweise einer Zahnprothese, verborgen werden kann.

Es bleibt der Verdacht einer gefährlichen Körperverletzung, weswegen die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat.

Diese setzt zunächst eine einfache Körperverletzung gem. § 223 Absatz 1 voraus. Hierfür ist eine unangemessene Behandlung notwendig, die entweder das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Dies wäre durch einen Kopfstoß zweifelsohne anzunehmen. Zusätzlich muss eine der in § 224 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 StGB geregelten Tatbegehungsvarianten hinzutreten.

Wer die Körperverletzung

  1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
  2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
  3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,
  4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
  5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen einer möglichen gemeinschaftlichen Tatbegehung nach § 224 Absatz 1 Nr. 4 StGB. Der Strafgrund besteht bei dieser Variante darin, dass bei der Anwesenheit mehrerer Beteiligter die Abwehrmöglichkeiten des Opfers eingeschränkt sind. Außerdem können sich mehrere Beteiligte gegenseitig zu einer aggressiveren Vorgehensweise anstacheln. Kurzum muss die Anwesenheit weiterer Beteiligter „gefahrerhöhend“ wirken. Ob dies im vorliegenden Fall durch die Anwesenheit der Angehörigen des Spielers gegeben war, gilt es bei einer möglichen Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung zu beantworten.