In diesem Beitrag geht es um die Medizinchecks im Profifußball und darum, mit welcher Selbstverständlichkeit Informationen über die Gesundheit von Spielern an die Öffentlichkeit gelangen. Dabei handelt es sich um höchst sensible Daten.

Es ist wieder soweit: Deutschland versinkt im Fußball-Sommerloch; keine Frauen-WM, keine Bundesliga, keine Champions League, keine Relegationsspiele.

Die Rettung: Der Fußball-Transfermarkt! Wie jedes Jahr wechseln die Spieler fleißig die Arbeitgeber. Die Meldungen über angeblich vollzogene Transfers sind genauso zahlreich wie die Meldungen über geplatzte Transfers. Irritierend waren die Begleitumstände um den gescheiterten Wechsel von Sidney Sam zu Eintracht Frankfurt. Der Wechsel scheiterte nicht am Geld, sondern am Gesundheitszustand des Spielers. Irritierend war das deshalb, weil die Öffentlichkeit über die Presse Einzelheiten über auffällige Nierenwerte erfuhr, die den Transfer zum Scheitern brachten. Wie die Presse an die Informationen kam, ist nicht klar. Denkbar ist die Weitergabe durch einen der Mediziner, durch Eintracht Frankfurt oder durch den Spieler selbst.

Im „normalen“ Leben undenkbar. Was ist mit der ärztlichen Schweigepflicht? Wo bleibt der Datenschutz? Gelten im Profisport andere Gesetze?

Zunächst Grundsätzliches:

Zeichnet sich im Rahmen von Transferverhandlungen eine mögliche Einigung über eine zukünftige Beschäftigung zwischen Spieler und aufnehmendem Verein ab, ist es für den Verein aufgrund der physischen Belastungen der Spieler im professionellen Fußball unerlässlich, sich über den Gesundheitszustand des neuen „Angestellten“ zu vergewissern. Es werden – meist vom Vereinsarzt – sog. Eignungsuntersuchungen durchgeführt, die dem aufnehmenden Verein Aufschluss geben sollen, ob der Spieler den körperlichen Anforderungen und Belastungen auch im neuen Team standhält. Eine solche Untersuchung greift in die Privat- und Intimsphäre des Spielers ein. Betroffen ist sein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zudem Folgendes zu beachten: die bei einer Eignungsuntersuchung zu Tage geförderten Gesundheitsdaten sind besonders sensible personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG. Gesundheitsdaten will der Gesetzgeber daher besonders schützen. Eignungsuntersuchungen im Rahmen eines Einstellungsverfahrens sind deshalb nur zulässig, wenn die Kenntnis des künftigen Arbeitgebers von bestimmten Erkrankungen zwingend erforderlich ist und sich aus den Untersuchungsergebnissen Rückschlüsse auf die Eignung des Arbeitnehmers für seine künftige Tätigkeit ergeben können. Ungeachtet dessen muss der Arbeitnehmer in die Datenerhebung stets vorab einwilligen (§§ 28 Abs. 6, 4, 4a BDSG).

Konkret heißt das:

Teilt man die von der allg. Meinung vertretene Auffassung, dass Profifußballer Arbeitnehmer sind, so kann man im Interesse der Arbeitgeber davon ausgehen, dass medizinische Eignungschecks aufgrund der bevorstehenden besonderen physischen Belastungen der Spieler erforderlich sind. Immerhin ist der Gesundheitszustand der Spieler wesentlich für den sportlichen Erfolg und die Vereine zahlen teilweise stattliche Ablösesummen, um die Spieler zu verpflichten. Grundsätzlich sind Eignungsuntersuchungen im Profifußball daher sowohl arbeitsrechtlich als auch datenschutzrechtlich unbedenklich.

So weit so gut? Nein. Die Frage ist: was geschieht mit den Ergebnissen des Medizinchecks? Und was darf damit nicht geschehen?

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei ärztlichen Untersuchungen Ergebnisse über die Gesundheit zu Tage treten können, von denen der Spieler zuvor nichts wusste. Unabhängig von derartigen Überraschungsbefunden ist natürlich generell von einem berechtigten durch die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 StGB, § 8 Abs. 1 S. 3 ASiG) flankierten Geheimhaltungsinteresse des Spielers an medizinischen Befunden auszugehen. Bei der Aufdeckung zuvor unbekannter Krankheiten wiegt das Bedürfnis nach einer vertraulichen Behandlung des Untersuchungsergebnisses noch einmal deutlich schwerer. Ohne Einwilligung des Spielers ist der untersuchende Arzt daher lediglich berechtigt, den künftigen Arbeitgeber zu informieren, ob die Untersuchung die Tauglichkeit des Spielers für die saisonalen Fußballbelastungen ergibt, oder nicht. Konkrete Befunde dürfen dem künftigen Arbeitgeber ebenfalls nur mit Einwilligung des Spielers übermittelt werden. Die Einwilligung in die Durchführung der Untersuchung enthält im Übrigen nicht automatisch die stillschweigende Einwilligung in die Übermittlung der Untersuchungsergebnisse an den Verein. Hierfür bedarf es einer gesonderten Einwilligung.

Nichtsdestotrotz gelangen Verein und Presse offenbar dennoch mit bedenklicher Leichtigkeit an medizinische Befunde solcher Medizinchecks. So auch im Falle Sidney Sam. Für den Spieler, der offensichtlich wechselwillig ist, ist das misslich, da er nun – theoretisch – für andere in Frage kommende Clubs von vornherein uninteressant sein könnte.

Ungeachtet wie der Informationsfluss im vorliegenden Fall tatsächlich stattgefunden hat, gilt für einen Fußballproficlub, der im Besitz von Untersuchungsbefunden eines Spielers ist: die Weitergabe der Gesundheitsdaten des Spielers an Dritte (z.B. die Presse) bedarf entweder der ausdrücklichen Einwilligung des Spielers oder einer gesetzlichen Erlaubnis. § 28 Abs. 6 BDSG enthält eine solche gesetzliche Erlaubnis. Wenig überraschend sind die Anforderungen an eine zulässige Weitergabe von Gesundheitsdaten aber sehr hoch.

Ohne Einwilligung dürfte eine Weitergabe der Befunde über einen Spieler wie Sidney Sam an Dritte nur erfolgen, wenn

  • dies zum Schutz lebenswichtiger Interessen des Spielers oder eines Dritten erforderlich ist,
  • der Spieler selbst die Daten öffentlich gemacht hat,
  • die Weitergabe zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche des Clubs erforderlich ist und berechtigte Interessen des Spielers nicht entgegen stehen,
  • die Übermittlung zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich ist.

Diese Voraussetzungen liegen bei Medizinchecks von Profikickern normalerweise nicht vor, so dass eine Weitergabe der Befunde an die Öffentlichkeit stets nur mit Einwilligung des Spielers möglich ist. Gleiches gilt für den die Untersuchung leitenden Arzt; diesem ist es schon aufgrund seiner berufsrechtlichen Schweigepflicht (Verstöße sind hierbei sogar strafrechtlich sanktioniert, § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) untersagt, Untersuchungsbefunde ohne Einwilligung des Spielers an Verein oder Öffentlichkeit weiterzuleiten.

Praxishinweise zur Einwilligung:

Beabsichtigt ein Sportler (es muss kein Fußballer sein), den untersuchenden Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Verein oder sonstigen Dritten zu entbinden, sind die Vorgaben der §§ 4, 4a BDSG zu beachten. Die Entbindung von der Schweigepflicht muss schriftlich erfolgen und es müssen neben den preiszugebenden Befunddaten der untersuchende Arzt, der Empfänger der Befunddaten (der Verein) und die Zwecke, deren Erfüllung  die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Befunddaten dienen soll, genau bezeichnet werden. Die Abgabe einer solchen Einwilligungserklärung ist unproblematisch auch schon vor Begründung des Beschäftigungsverhältnisses möglich; praktisch werden sich Spieler und Verein zumeist schon im Rahmen der Transferverhandlungen hierüber verständigen. Behelfen kann man sich regelmäßig mit einem im Vorfeld abgefassten Einwilligungsformular. Hierbei sollte aber peinlich genau auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben (siehe oben) geachtet werden; werden diese verkannt, so ist die Einwilligung unwirksam und die Übermittlung der Untersuchungsbefunde an Verein und Öffentlichkeit rechtswidrig. Es ist dann mit zivil- und strafrechtlichen Repressionen zu rechnen.

Fazit:

Die Weitergabe von im Rahmen einer Eignungsuntersuchung gewonnen Gesundheitsdaten durch Sportvereine an die Presse ist ohne Einwilligung des Spielers rechtswidrig. Im Sinne der Spieler ist davon abzuraten, das Thema lax zu handhaben. Das bedeutet, Spieler und Vereine sollten darauf achten, die datenschutzrechtlichen Standards einzuhalten. Das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung darf einem bedenken- und grenzenlosen „LigaLeaks“ nicht weichen.

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