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HÄRTING.sport – WISSENSWERTES

Unter der Rubrik WISSENSWERTES finden Sie Informationen zu Rechtsfragen im Sport, mit denen wir uns ausführlicher befasst haben. Das können unsere HÄRTING-Papers sein aber auch FAQs, Studien und sonstige Formate. Zum Benutzen, zum Download, zum Nachschlagen – wie es Ihnen am bequemsten ist.

EU GESETZGEBUNG GEGEN ILLEGALES STREAMING VON SPORTEVENTS KOMMT IN FAHRT

Championsleague- oder Bundesligaspiele ohne Sky Abo schauen? Kein Problem. Viele illegale Livestream-Angebote im Internet machen es möglich, zum Verdruss der Rechteinhaber. Im EU-Parlament nimmt jetzt eine Gesetzgebungsinitiative Fahrt auf, die es den Rechteinhabern ermöglichen soll, die Piratenkanäle ohne längeren Rechtsweg trocken zu legen.

  • Was ist geplant?

Eine Mehrheit im Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat eine Vorlage für eine EU-weite Regelung im Kampf gegen illegale Sport-Streaming-Angebote vorbereitet. Geplant ist folgendes Vorgehen: Rechteinhaber melden einem Vermittlungsdienst einen illegalen Stream. Vermittlungsdienste sind im Prinzip Provider, also z.B. Hosting-Anbieter, Online Martkplätze oder Social Media Plattformen. Der benachrichtigte Vermittlungsdienst muss den Stream innerhalb von 30 Minuten nach Erhalt der Meldung offline nehmen, bzw. durch Blocking oder vergleichbar wirksame technische Maßnahmen ausschalten. Diskutiert wird, diesen Vorschlag in den geplanten Digital Services Act aufzunehmen, den die EU-Kommission am 15.12.2020 im Entwurf vorgelegt hat und der ein umfassendes Regelwerk für die Verantwortlichkeit  von Internet-Providern festlegt. Hinsichtlich der Rechtsfolgen bei nicht oder nicht rechtzeitig erfolgter Sperre, könnte dann wohl vor allem auf Geldbußen und Zwangsgelder zurückgegriffen werden die der Entwurf des Digital Services Act bereits vorsieht.

  • Was ist der Hintergrund?

Wird urheberrechtlich geschütztes Material gestreamt, bedarf es einer Erlaubnis des Rechteinhabers. Übertragungen von Bundesligaspielen unterfallen nach deutschem Recht dem Recht des Sendeunternehmens aus § 87 UrhG. Das Live Streaming solcher Fußballübertragungen stellt eine Weitersendung dar, die allein dem Sendeunternehmen vorbehalten ist. Wer diese Übertragungen ohne Erlaubnis für die Öffentlichkeit streamt, handelt illegal.

In diesem Zusammenhang ganz aktuell: der Bundestag hat jüngst den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Urheberrechtsreform durchgewunken und setzt damit die EU-Urheberrechtsrichtlinie kurz vor Ablauf der Umsetzungsfrist in deutsches Recht um. Gegenstand der Reform sind die – auch als Uploadfilter bezeichneten – umstrittenen Sperrpflichten für Onlineinhalte. U.a. sieht das Gesetz (Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz) eine Regelung für  Live-Übertragungen von Sportveranstaltungen vor, wonach auf Verlangen des Rechteinhabers bereits kleinste Ausschnitte solcher Übertragungen von den Internet-Plattformen beim Hochladen blockiert werden dürfen. Näheres zum Gesetz bei irights.info von meiner Kollegin Maya El-Auwad sowie bei Golem und netzpolitik.org.

Anbieter solcher Streams kommen, so die EU-Parlamentarier, vielfach von außerhalb der EU, die Streams sind indes für EU-Bürger abrufbar (z.B. livetv.sx). Das Kernproblem sei, dass eine Rechtsdurchsetzung bei Sport-Livestreams regelmäßig zu spät komme weil die Sportevents in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern. Den größten Schaden erleiden Rechteinhaber in diesem Fall während des Livestreams, weswegen das Zeitfenster für Durchsetzungsmaßnahmen sehr eng sei. Der Rechtsausschuss möchte die Rechteinhaber besser schützen, da gerade im Profisport die Lizenzeinnahmen besonders relevant seien. Zudem wird das Risiko für Verbraucher angeführt, sich während des Streamings durch unbeachtes Klicken auf penetrant eingeblendete Werbung Schadsoftware herunterzuladen.

  • Gibt es schon einen Gesetzesentwurf?

Nein, aber eine Vorlage mit Anpassungsvorschlägen. Die Vorlage wurde am 17.11.2020 veröffentlicht. Eine Pressemitteilung hierzu stammt vom 14.04.2021, nachdem darüber im Ausschuss abgestimmt wurde. Am 17.05.2021 fand eine Debatte im Parlament statt (siehe 20:41 – 20:50). Die Kommission muss jetzt entscheiden, ob sie den Vorschlag aufnimmt.

  • Wogegen richtet sich die Kritik?

Es gibt einige kritische Stimmen. Meist wird ein Overblocking befürchtet. Auch gegen die unmittelbare Durchsetzung durch die Betroffenen richten sich Bedenken. Der SPD-Europa-Abgeordnete Tiemo Wölken kritisiert gegenüber dem Handelsblatt, die Inhaftungnahme von Plattformen ginge zu weit, wenn Rechteinhaber eine Löschung anordnen und Plattformen diese Anordnung nicht prüfen können. Löschanordnungen müssten den staatlichen Stellen vorbehalten bleiben. Weiter kritisiert er, dass die Sperrfrist von 30 Minuten zu knapp sei. Er vergleicht dies mit einer weiteren EU-Gesetzgebungsinitiative, terroristische Inhalte auf behördliche Anordnung hin zu löschen, worfür die Frist sogar 60 Minuten betrage.

Patrick Breyer (Piraten) sieht in dem Entwurf eine Bedrohung für digitale Grundrechte und wirft den Parlamentariern vor, sich dem Diktat von Lobbyisten der Verwertungsindustrie zu beugen.

Netzaktivistin Julia Reda warnt vor Kollateralschäden für legale Kommunikation.

Von anderen wird an der Effektivität insgesamt gezweifelt. Die direkte Sperrung von IP-Adressen oder Einträgen aus DNS-Servern könne etwa durch den Einsatz von VPNs o.Ä. leicht umgangen werden.

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Von |19. Mai 2021|

INTERVIEW ZUM KALOU-GATE MIT DER LTO

Ich habe Hasso Suliak von der LTO ein Interview zu dem „Skandal-Video“ von Salomon Kalou gegegeben. Das Interview findet man hier:

Neben der allgemeinen und berechtigten Empörung über die zahlreichen Verfehlungen des Spielers und der anderen im Video gezeigten Personen im Umgang mit Corona-Hygiene-Regeln, wirft es auch eine Vielzahl weiterer rechtlicher Fragen zu seiner Erstellung und der bereits erfolgten umfassenden Verbreitung auf.

Verein und Spieler haben sich bereits in öffentlichen Statements zu dem Video geäußert. Man bereut und spricht von Verfehlungen im Einzelfall.

Es bleibt abzuwarten, ob über die Suspendierung des Spielers hinaus noch weitere Konsequenzen folgen, ob für den Verein, den Spieler oder das Konzept der „Geisterspiele“.

 

Von |05. Mai 2020|

WEGEN CORONAVIRUS: RECHTSFRAGEN RUND UM DEN SPORT

Die DEL-Eishockey-Saison wurde vorzeitig beendet, der Spielbetrieb der Fußball-, Handball- und Basketball-Bundesliga ist vorerst stillgelegt, die EURO 2020 wird um ein Jahr verschoben, das IOC das IOC verlegt die Olympischen Spiele ins Jahr 2021, Vereinsstätten sind geschlossen, Sponsoren ziehen sich zurück, Vereinsmitglieder verlangen Vereinsbeiträge zurück, Spielerverträge werden gekündigt etc. etc. Kurz: die Corona-Krise lässt die Sportwelt stillstehen, was erhebliche wirtschaftliche Folgen für alle Beteiligten hat. Dabei erreichen uns Rechtsfragen, meist geht es darum, was mit bestehenden Verträgen passiert und wer die wirtschaftlichen Konsequenzen zu tragen hat. Wir versuchen hier im Blog jetzt und zukünftig einige der Fragen, denen sich Sportveranstalter, Vereine, Sportler und Sponsoren jetzt ausgesetzt sehen, zu beantworten. Antworten auf rechtliche Fragen zur Absage von Musik- und sonstigen Events finden sich auch hier. Rechtsfragen zu Corona Allgemein werden in unserer Helpline beantwortet.

1. Müssen Ticketgelder zurückgezahlt werden oder haben Besucher Schadensersatzansprüche, wenn eine Sportveranstaltung wegen des Corona-Virus abgesagt wird?

Es gilt zunächst zu unterscheiden, ob eine Sportveranstaltung aufgrund einer behördlichen Anordnung abgesagt wird, oder ob der Veranstalter die Veranstaltung zum Schutze der Besucher vorsorglich absagt.

a) Der Veranstalter sagt die Veranstaltung freiwillig ab

Entscheidet sich zB ein Fußball-Bundesliga-Verein aus autonomen Motiven dazu, ein oder mehrere Spiele nicht durchzuführen, kann der Ticketkäufer den bereits gezahlten Ticketpreis zurückverlangen, § 323 Abs. 1 und 2, § 346 Abs. 1 BGB.

Ob der Veranstalter darüber hinaus noch Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 284 BGB), etwa für bereits gebuchte und bezahlte Anreisen mit der Bahn oder Übernachtungskosten von Fans des Gastvereins zu zahlen hat, ist davon abhängig, ob er den Ausfall des Events verschuldet hat. Bei freiwilliger Absage des Events drohen dem Veranstalter solche Ansprüche durch die Ticketkäufer.

aa) Fälle höherer Gewalt

Der Veranstalter ist indes nicht zu Schadensersatz verpflichtet, wenn die Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt abgesagt werden musste. Ob darunter auch Epidemien und Seuchen fallen, ist höchstrichterlich nicht entschieden. Vereinzelt haben Gerichte – z.B. das AG Augsburg (Urteil v. 9. November 2004 – 14 C 4608/03) im Hinblick auf den Ausbruch des SARS-Virus und das AG Homburg (Urteil v. 2. September 1992 – 2 C 1451/92-18) bezüglich eines Ausbruchs von Cholera – dies aber bejaht. Ob also generell Pandemien, insbesondere das neuartige Virus 2019-nCoV ein Fall höherer Gewalt ist, ist somit nicht geklärt. Wer sich auf höhere Gewalt berufen möchte, hat diese vor Gericht darzulegen und zu beweisen. Eine solche Beweisführung kann gelingen, wenn das Sportevent in einem Gebiet stattfinden sollte, für das eine offizielle Reisewarnung ausgesprochen wurde, was in Deutschland aber in der Regel nicht der Fall ist.

bb) Die Absage dient dem Schutz der Besucher

Wird die Sportveranstaltung aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Besucher abgesagt, trifft den Veranstalter in der Regel kein Verschulden, wenn eine reale Gesundheitsgefahr bestand. Dann setzt sich der Veranstalter auch keinen weiteren Risiken eines Schadensersatzes gegenüber den Besuchern aus. Die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, dürfte ein sehr guter Grund sein, so dass die Absage von großen aber auch kleinen Sportevents zweifellos dem Schutz der Besucher dient. Denn bei Durchführung des Events durch die Besucherdichte in der Sportstätte aber auch vor den Einlasskontrollen, den sanitären Anlagen und den Cateringständen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Ansteckungen zu rechnen.

b) Die Sportveranstaltung wird von offizieller Seite abgesagt bzw. gesetzlich/behördlich verboten

Die Dinge liegen aber nun anders, da Sportveranstaltungen inzwischen aufgrund der jeweiligen Rechtsverordnungen der Länder nicht mehr stattfinden dürfen. Wird die Sportveranstaltung von den Behörden bzw. aufgrund einer behördlichen Verfügung oder wird – wie im Falle der DEL Eishockeyliga oder der Handball Bundesliga – der gesamte Ligabetrieb aufgrund einer Entscheidung des Sportverbands ersatzlos abgesagt, verliert der Veranstalter den Anspruch auf das Ticketentgelt. Die Durchführung der Sportveranstaltung wird dem Veranstalter (dem jeweiligen Heimverein) nämlich rechtlich unmöglich. Er könnte zwar, darf aber die Veranstaltung nicht mehr durchführen. Beide Seiten (Veranstalter, Ticketkäufer) werden von ihren Leistungspflichten befreit, §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB. Hat der Ticketkäufer zum Zeitpunkt der Absage der Veranstaltung das Eintrittsgeld bereits gezahlt, kann er vom Vertrag zurücktreten und die Rückzahlung des Ticketpreises verlangen, §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB.

Dauerkartenbesitzer können ebenfalls vom Vertrag zurücktreten, haben aber – wenn die Saison mittendrin abgebrochen werden muss – nur Anspruch auf Erstattung des für die nicht mehr besuchbaren Spiele anteiligen Dauerkartenpreises. Für soclhe Fälle gibt es aber ohnehin meist Regelungen in den Ticketbedingungen der Clubs, die die esratttung von Dauerkartenpreisen bei Veranstaltungsabsage regeln. Diese Regelungen dürften auch bei einem Saisaonabbruch gelten .

2. Was bringt Sportveranstaltern die Gutscheinlösung?

Sportveranstalter können den Ticketinhabern Gutschein anbieten anstatt den Ticketpreis zurückzuerstatten. Das würde sich wirtschaftlich zwar nicht vorteilhaft auswirken, da die Veranstalter bei künftigen Events die Gutschein einlösen müssten und somit keinen Eijnnahmen generieren. Indes wäre es eine kurzfristige Erleichterung der Liquidität der Veranstalter. Allerdings sind Ticketinhaber nicht verpflichtet, auf einen solchen Deal einzugehen.

Der Gesetzgeber steht aber nunmehr kurz vor Verabschiedung eines Gesetzes, dass u.a. Sportveranstalter berechechtigt, Gutscheine anstelle von Ticketpreiserstattung zu gewähren bzw. die Ticketinhaber verpflichtet, diese Gutscheine statt dem Ticketpreis entgegenzunehmen.

Für den Gutschein sollen nach dem Gesetzesentwurf folgende Voraussetzungen gelten:

  • Geltungszeitraum

Die Gutscheinlösung soll für alle vor dem 8. März 2020 erworbenen Tickets von coronabedingt abgesagten Veranstaltungen gelten. Der Gutschein soll bis zum 31.12.2021 gültig sein und – sofern er bis dahin nicht eingelöst wurde – danach in einen Zahlungsanspruch übergehen; es handelt sich bei dieser Lösung also letztendlich um eine Stundung der bestehenden Ansprüche.

  • Gutscheinwert

Der Wert des Gutscheins soll dem Wert des gesamten Ticketpreises entsprechen. Weder für die Ausstellung noch die Übersendung des Gutscheins sollen dem Ticketinhaber weitere Kosten in Rechnung gestellt werden dürfen.

  • Schutz vor Insolvenz des Veranstalters

Vor einem Verfall des Gutscheins soll der Ticketinhaber durch eine Insolvenzabsicherung (ggf. durch staatliche Rückversicherung) geschützt werden.

  • Härtefall

Der Vorschlag sieht zudem eine Härtefallregelung vor: ist die Übergabe eines Gutscheins statt einer Erstattung in Geld für den Ticketinhaber unzumutbar – etwa weil er auf die Erstattung angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt oder den von unterhaltsberechtigten Angehörigen zu bestreiten – muss der Ticketpreis in Geld ausgezahlt werden.

  • Dauerkarten (z.B. im Fußball)

Die Besonderheiten bei Dauerkarteninhabern sind berücksichtigt. So kann der Gutschein in Höhe des Wertes der wegen des Coronavirus nicht mehr besuchbaren Saisonspiele gewährt werden. Dem Wortlaut des Entwurfs indes nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die Gutscheinregelung auch für Besitzer von Hospitality Vereinbarungen (zB Business-Logen) gilt.

3. Was passiert mit Sponsoring-Verträgen, solange der gesponserte Veranstalter/ Verein/Sportler seinen Sport nicht ausüben kann?

In vielen Sportarten finanziert sich der Sport über Sponsoren. Dabei ist das Vertragsverhältnis zu den Förderern geprägt von Leistung (meist eine Leistung in Geld) und Gegenleistung (die Platzierung von Werbung für den Sponsor). Kann die versprochene Werbeleistung nicht erbracht werden, weil die Sportveranstaltung ausfallen muss, wird auch der Sponsor von seiner Leistungspflicht frei. Maßgeblich ist allerdings, was mit dem Sponsor im Einzelfall vertraglich vereinbart wurde. So ist denkbar, dass bereits im Vorfeld einer Veranstaltung Werbemaßnahmen durchgeführt wurden, etwa durch Onlinewerbung. In dem Fall behält der Gesponserte zumindest einen Anspruch auf einen Teil der versprochenen Leistungen des Sponsors.

Schwerer sind Fälle zu beurteilen, in denen die vertraglich vereinbarte Werbeleistung durch die Absage von Sportevents nicht unmöglich wird, zB weil die Werbung auf Banden oder Trikots absprachegemäß bereits platziert ist. Allerdings tritt der Zweck der Werbung nicht ein, weil es aufgrund des Ausfalls der Events an der medialen Sichtbarkeit der Werbung fehlt. Ist für diesen Fall im Sponsoringvertrag nichts geregelt, können sich die Vertragsparteien darauf berufen, dass infolge der Veranstaltungsabsage oder des -verbots eine sog. Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt. In dessen Folge können die Vertragspartner berechtigt sein, eine Anpassung der Verträge zu verlangen.

4. Müssen Vereinsmitglieder weiterhin Beiträge zahlen, auch wenn die Sportstätte geschlossen ist? 

Kurzum: ja. Das betrifft Tennis-, Hockey-, Fußball-, Schwimmvereine etc. pp.. Der Vereinsbeitrag ist regelmäßig nicht an die Möglichkeit geknüpft, den Sport auszuüben bzw. an angebotenen Trainingsmöglichkeiten teilnehmen zu können. Die Zurverfügungstellung der Sportanlagen ist somit keine Gegenleistung des Vereins für die Zahlung des Mitgliedsbeitrags, vielmehr stellt der Vereinsbeitrag eine mitgliedschaftliche Pflicht zur Förderung des Vereinszwecks dar. Dieser geht meist über die Möglichkeit der Ausübung des Sport hinaus.

Anderes gilt jedoch für den Fall, dass der Verein für besondere Kurse oder Trainingsmöglichkeiten Gebühren erhebt. In diesem Fall findet wieder der Grundsatz Anwendung: Keine Leistung ohne Gegenleistung. Ähnlich wie bei Anbietern kommerzieller Sporteinrichtungen, wie etwa Fitnessstudios, schuldet der Verein den Kurs und der Kursteilnehmer die Zahlung der vereinbarten Kursgebühr. Wird ein solcher Kurs abgesagt, kann der Kursanbieter seinen Teil des Vertrages nicht erfüllen. Spiegelbildlich kann er sodann auch nicht auf Zahlung der Kursgebühr bestehen. Der Kursteilnehmer ist dann von seiner Zahlungspflicht befreit. Sofern Zahlungen bereits im Vorfeld geleistet wurden, hat er einen Anspruch auf volle Rückzahlung der Kursgebühren.

5. Können Arbeitsverträge mit angestellten Sportlern und Trainern gekündigt werden? Kann Kurzarbeit angeordnet werden?

Hier sollten zunächst die jeweiligen Arbeitsverträge Aufschluss drüber geben. Gerade im Sport besteht die Besonderheit, dass viele Verträge befristet sind oder mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung geschlossen werden.

Ansonsten gilt grundsätzlich, dass eine Kündigung, die nur aufgrund der Corona-Krise ausgesprochen wird, unwirksam ist. Die Corona-Krise ist für Vereine und Verbände als Arbeitgeber zunächst eine rein wirtschaftliche Krise, die ein typisches Unternehmensrisiko darstellt. Daher wäre das, was beim FC Sion geschehen ist (fristlose Kündigung der Profispieler), nach deutschem Arbeitsrecht nicht möglich.

Möchte der Arbeitgeber kündigen, sind die gängigen Möglichkeiten einer Kündigung zu beachten. Um eine Krisenzeit zu überbrücken, bietet sich außerdem auch im Sport die Einführung von Kurzarbeit an. Vereine und Verbände können von diesen Möglichkeiten genauso Gebrauch machen, wie andere Arbeitgeber. Allerdings darf ein Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig im Wege des Direktionsrecht anordnen. Es bedarf der Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Im Profibereich ist davon auszugehen, dass sich jedenfalls in den Arbeitsverträgen keine Regelungen zur Kurzarbeit befinden. Im DFB Mustervertrag sind jedenfalls derartige Regelungen nicht enthalten. Informatives dazu auch im kicker (Interview mit Johan Menke) und im Focus.

6. Was geschieht mit befristeten Arbeitsverträgen?

Befristete Arbeitsverträge sind vor allem im professionellen Sport Gang und Gäbe. Die Verträge werden über mehrere Jahre geschlossen, bei den Teamsportarten mit Ligabetrieb stets saisonabhängig. Da in Deutschland die Fußball-Bundesliga-Saison meist im Mai/Juni endet, sind viele Verträge bis zum 30.6. des letzten Vertragsjahres befristet. Wird – wie jetzt – die laufende Saison unterbrochen, werden Spieler mit solchen Befristungsklauseln ab Ende Juni vertragsfrei, auch wenn der Spielbetrieb im Herbst oder Winter wieder aufgenommen würde. Spieler vertraglich über den 30.6. hinaus, also bis zum tatsächlichen Saisonende – wenn dies in den Herbst oder den Winter fallen würde) – zu binden, dürfte angesichts des klaren Wortlauts solcher Klauseln schwer werden, so dass Anschlussverträge geschlossen werden müssten. Stellen Laufzeitklauseln hingegen auf das Saisonende ab, kann das anders aussehen (so wird u.a. von Fischinger vertreten).

Es kann in solchen Fällen schwerwiegende Folgen für die sportliche Wettbewerbsfähigkeit von Vereinen haben, wenn sie wichtige Spieler zum Vertragsende verlieren, mit denen sie bis Saisonende geplant haben. Borussia Dortmund hätte es beispielsweise hart getroffen, wenn die Pandemie und deren Folgen bereits im Jahr 2014 stattgefunden hätten. Der Spieler Robert Lewandowski, der den Verein damals planmäßig zum Saisonende ablösefrei verlassen durfte, wäre infolge der Saisonunterbrechung bereits mitten in der Rückrunde zum Konkurrenten aus München gewechselt. Selbst wenn er dort nicht spielberechtigt gewesen wäre, hätte der BVB ihn jedenfalls in der Bundesliga und der Champions League nach dem 30.6. nicht mehr einsetzen dürfen.

Geht man davon aus, dass sich bei einer Pandemie die sozialen Verhältnisse so schwerwiegend ändern, dass dies einen derart nachhaltigen Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb hat, wäre denkbar, dass der Arbeitsvertrag mit dem Spieler im Hinblick auf die Vertragslaufzeit aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen ist (siehe auch Jakob).

Abwegig ist es, davon auszugehen, dass ein Verband wie der DFB oder die UEFA oder FIFA durch Änderung ihrer Regularien oder durch Beschlüsse Einfluss auf die Vertragssituation nehmen kann. Die Verbände können die Drucksituation auf die Vertragsparteien erhöhen, indem sie Spielberechtigungen regeln. In die Vertragsautonomie der Parteien können sie aber nicht eingreifen

7. Kann der Arbeitgeber seine angestellten Sportler zu einem Gehaltsverzicht verpflichten oder dies erzwingen?

Nein. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, nämlich das Risiko, die Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen nicht beschäftigen zu können. Schlimmstenfalls kann das Coronavirus Sportvereine dazu zwingen, den gesamten Betrieb zu schließen, weil angesichts der Allgemeinverfügungen und Verordnungen der Länder dauerhaft kein Spiel- und Trainingsbetrieb mehr möglich ist. Kann der Sportverein seine Arbeitnehmer unverschuldet nicht mehr beschäftigen, ist er trotzdem zur Lohnfortzahlung verpflichtet (§ 615 BGB). Ausnahmen sind denkbar, wenn die Existenz des Sportvereins durch die Folgen des Coronavirus auf dem Spiel steht. Hierzu gibt es aber nicht genug Rechtsprechung, die diese Auffassung stützt.

8. Sind bereits beauftragte Dienstleister zu vergüten (Caterer, Sicherheitsunternehmen, Techniker), wenn und solange Sportveranstalter ihre Veranstaltung nicht ausüben können?

Hier gilt zunächst der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Sprich, der Dienstleister ist zur Erbringung seiner Leistung und der Veranstalter zur Vergütung verpflichtet. Dies gilt auch, wenn die Veranstaltung nicht durchgeführt wird, sofern der Dienstleister die zu erbringende Leistung tatsächlich angeboten hat und der Veranstalter diese Leistung nicht annimmt. Ein Vergütungsanspruch des Dienstleisters entfällt nur dann, wenn sich der Veranstalter erfolgreich von seinem Vertrag mit dem Dienstleister loslöst. Befristete Dienstverträge enden grundsätzlich mit Ablauf der Zeit für die Sie eingegangen sind. Im Falle einer konkreten Veranstaltung oder für eine bestimmte Anzahl von Veranstaltungen (zB alle Ligaspiele einer Saison) werden die meisten Dienstverträge für genau diese Veranstaltung bzw. diese Saison befristet sein. Eine ordentliche Kündigung des Dienstvertrages ist dann nicht möglich, es sei denn es ist im vertrag so vorgesehen. Ist das Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann dieses unter Einhaltung der Kündigungsfristen des § 621 BGB gekündigt werden. Entscheidend ist, in welchen Zeitabschnitten die Vergütung erfolgt. Hier sollten die jeweiligen Verträge Aufschluss geben.

Davon unberührt besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Vertragskündigung. Hier kommt es nicht darauf an, ob das Dienstverhältnis befristet ist oder nicht. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages bei objektiver Betrachtung unzumutbar ist. Sofern die konkreten Verträge zwischen Veranstalter und Dienstleister nichts anderes vorsehen, stellt die freiwillige Schließung des Betriebes keinen wichtigen Grund dar, der zur fristlosen Kündigung berechtigt. .

Wird die Veranstaltung dahingegen von offizieller Seite abgesagt, könnte man annehmen, dass aufgrund der Betriebsunterbrechung ein wichtiger Grund gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des BAG stellt eine Betriebsunterbrechung jedoch keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar (vgl. BAG vom 16.06.1987, Az. 1 AZR 528/85, NZA 1987, 858). Auch in diesem Fall trägt der Veranstalter das Betriebsrisiko und ist somit zur weiteren Zahlung der Vergütung verpflichtet. Dies mag jedoch anders zu beurteilen sein, wenn eine restliche Ligasaison wegen einer Pandemie aufgrund einer Entscheidung durch den Verband oder aufgrund gesetzlicher/behördlicher Anordnungen komplett ausfallen muss.

Kündigt der Veranstalter berechtigterweise außerordentlich, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 BGB).

Anders ist es, wenn sich der Veranstalter im Annahmeverzug befindet (§ 615 BGB). Stünde zB der Stadionsicherheitsdienst mit seinem Personal für nun ausgefallene Sportevents zu Verfügung (was aufgrund der gegenwärtigen Situation auch nicht selbstverständlich ist), kann er für seine infolge des Verzugs nicht geleisteten Security-Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne selbst zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Allerdings muss er sich den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart (möglicherweise Personalgestellungskosten) oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (letzteres eher nicht, weil der Sicherheitsdienst in Zeiten der Pandemie schwer Ersatzaufträge bekommen wird).

Mietet sich der Caterer in die Veranstaltungsstätte ein, um dort auf eigene Rechnung das Catering zu betreiben, stellt sich die Frage, ob er wegen des Ausfalls der Veranstaltung gegen den Sportstättenbetreiber Ansprüche hat. Wird die Sportstätte nun geschlossen oder wird das Publikum ausgesperrt, kann der Caterer seine Mietzahlung mindern. Umsatzausfälle kann er hingegen nur geltend machen, wenn der Vermieter der Sportstätte den Ausfall der Veranstaltung verschuldet hat, wovon bei einer Pandemie nicht auszugehen ist. Auch hier kommt ggf. zwischen den Parteien aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage Vertragsanpassung in Frage.

9. Müssen Sportclubs Miete für Sportanlagen (Stadien, Hallen etc.) bezahlen, solange der Spielbetrieb ausgesetzt ist?

Nach dem Vorbild von adidas die Stadion- oder Hallenmiete nicht mehr bezahlen? Unabhängig von einer Krise gilt im Mietrecht, dass der Vermieter die Mietsache zur Verfügung stellen muss und der Mieter die vereinbarte Miete zu zahlen hat. Dies gilt nur nicht, soweit der Vermieter die Mietsache nicht mehr zur Verfügung stellen kann oder die Mietsache einen Mangel aufweist. Veranstaltungs- oder Betriebsverbote stellen keinen Mangel an der Mietsache dar, wenn diese ihren Ursprung in der Art des Geschäftsbetriebes oder der Person des Mieters haben, nicht aber in der Beschaffenheit der Mietsache. Die Miete ist dann weiterhin zu zahlen.

Ob die derzeitigen Nutzungsverbote eine bauliche oder eine betriebliche Ursache haben, ist schwer zu sagen. Schnelle Antworten verbieten sich. Die Frage wird in den kommenden Jahren mit Sicherheit die Gerichte beschäftigen. Präzedenzfälle gibt es nicht.

Nicht ganz unähnlich sind die Fälle, in denen Gewerberäume, die aufgrund von gesetzlichen Zweckentfremdungsverboten nur zu Wohnzwecken genutzt werden durften. Diese Fälle wurden durchweg zugunsten der Mieter entschieden. Begründung: die Schaffung der Voraussetzungen für die behördliche Erlaubnis des dem Mieter geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs obliege grundsätzlich dem Vermieter. Notfalls müsse er die vorgeschriebenen baulichen Veränderungen durchführen. Auch bei Terrorgefahr wurde davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Nachteile einer (allerdings nicht behördlich angeordneten) Schließung von Gewerberäumen durch teilweise oder gar vollständige Minderung der Geschäftsraummiete aufgefangen werden könne.

Diese Fälle sind mit den Corona-Fällen freilich nicht identisch. Daher erlauben sie keine sichere Prognose, wie die Gerichte über Minderungsansprüche der Mieter in Corona-Fällen entscheiden werden. Allerdings lässt sich mit Sicherheit sagen, dass ein Minderungsrecht sehr ernsthaft in Betracht kommt.

10. Dürfen Sportvereine eigentlich noch trainieren oder gelten für sie Ausnahmen von den derzeitigen Kontaktverboten?

Ein spannende hochaktuelle Frage ist, ob und inwieweit Sportvereine von den bundesweiten Kontaktverboten in den Ländern im Trainingsbetrieb betroffen sind und ob ggf. Ausnahmen gelten bzw. rechtlich durchsetzbar sind. § 28 Abs. 1 IfSG, der derzeit noch Beschränkungen für „Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen“ vorsieht, wird heute (25.3.) geändert in „Ansammlungen von Menschen“ und damit als Rechtsgrundlage für die am Wochenende in den Ländern erlassenen Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen, die damit teilweise ohne ausreichende gesetzliche Grundlage dastanden, glattgezogen. Die (wohl in vielen Fällen zu verneindende) Frage, ob das Training im Sportverein eine Ansammlung einer größeren Anzahl von Menschen darstellt, wird damit obsolet.

Allerdings sind Inkonsistenzen in den jeweiligen Verordnungen und Erlassen der Länder festzustellen. So enthält die Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus ein absolutes Kontaktverbot, das einen abschließenden Katalog von Ausnahmen vorsieht. Erlaubt ist das Verlassen der Wohnung zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten (§ 14 Abs. 3 a Verordnung Bln) soweit das Abstandsgebot von 1,5m eingehalten wird. Das ließe jedenfalls bei einem Bundesligaverein wie Hertha BSC, bei dem das Training Teil der Berufsausübung ist, genau genommen Mannschaftstraining zu soweit keine Zweikämpfe trainiert werden. In Bremen dagegen gilt eine Allgemeinverfügung, die ein umfassendes Kontaktverbot ausspricht wobei aber in Ziff. 1c) der Verfügung ausdrücklich die Zusammenkunft in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen untersagt ist. Das würde einen Verein wie Werder Bremen ungleich härter treffen als Hertha BSC. Die Spieler von Werder Bremen dürften überhaupt nicht in den vorgesehenen Trainingseinrichtungen trainieren. Dies dürfte zu Wettbewerbsnachteilen führen, wenn man davon ausgeht, dass der Ligabetrieb irgendwann fortgesetzt wird.

Hier ist somit an verwaltungsrechtliche Maßnahmen zu denken. In Betracht kommt die Beantragung von Sondergenehmigungen oder – wenn es schnell gehen soll – sog. Eilanträge nach § 80 V VwGO, letztere sind darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte (Allgemeinverfügungen sind Vetrwaltungsakte gegenüber der Allgemeinheit) herzustellen. Der Verwaltungsakte ist dann solange außer Kraft bis über den Rechtsbehelf entschieden wird.

11. Fazit

Die große Herausforderung wird sein, den wirtschaftlichen Schaden aller am Sport Beteiligten unter Kontrolle zu halten. Daher werden sehr wahrscheinlich die Lösungen nicht in einer konsequenten Durchsetzung der juristischen Ansprüche der Beteiligten liegen, sondern es wird gerade im Sport notwendig sein, dass alle Stakeholder (Verbände, Vereine, Sportler, Sponsoren, Rechteinhaber aber auch Fans) Lösungen finde, die Schäden aufzufangen. Daher müssen sich nicht nur Sponsoren oder Rechteinhaber die Frage stellen, ob sie Zahlungen kategorisch einstellen, sondern auch Fans müssen für sich klären, ob sie ihr DAZN-Abo tatsächlich kündigen wollen oder den Dauerkartenvertrag kündigen. Im professionellen Fußball scheinen zudem die Vorbehalte gegen die Aufhebung der sog. 50+1 Regelung in den Verbandsstatuten der DFL zu bröckeln. Die 50+1 Regelung verbietet den Profivereinen der 1. und 2. Fußballbundesliga, Investoren die Anteilsmehrheit an Kapitalgesellschaften zu überlassen, in die die Vereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben. Verfechter der Regelung fürchten die wirtschaftliche Abhängigkeit der Clubs von Investoren oder Investorengruppen. Droht mehreren Vereinen der Bundesliga bei dauerhaftem Aussetzen des Spielbetriebs nunmehr der finanzielle Kollaps, könnten ein Umdenken aus vor allem wirtschaftlichen Erwägungen einsetzen. Denn das Geld von Investoren könnte Clubs die Existenz sichern und den Gang in die Insolvenz ersparen.

Gleichwohl ist es zwingend erforderlich, dass Juristen die Betroffenen über die rechtlichen Möglichkeiten informieren.

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Von |22. März 2020|

DROHT NACH DER CAUSA HOPP NUN NEBEN DER ESKALATION MIT DEN ULTRAS AUCH DIE ZENSUR IM STADION?

Die Schmähungen in Richtung Dietmar Hopp in den Spielen bei der TSG Hoffenheim und beim 1 FC Union Berlin am vergangenen 24. Spieltag waren wohl eine unmittelbare Reaktion der beteiligten Ultras auf das die Fanszenen zum Brodeln bringende Urteil des Sportgerichtes des DFB vom 21.2.2020, so auch der Kicker. In der Entscheidung war eine gegenüber Borussia Dortmund ausgesprochene Bewährung widerrufen, und als Kollektivstrafe, der Ausschluss der Fans in den nächsten zwei Spielzeiten bei allen Pflichtspielen bei der TSG Hoffenheim ausgesprochen worden.

In dem den Ausschluss der Fans zur Bewährung aussetzenden Urteil vom 11.12.2019 hieß es zum Gegenstand des unsportlichen Verhaltens, dass im Spiel zwischen Hoffenheim und Dortmund am 22.09.2018 in Sinsheim im Dortmunder Fanblock ein Banner mit dem Bild von Dietmar Hopp in einem Fadenkreuz und darunter mit dem Schriftzug „Hasta La Vista, Hopp“ gezeigt wurde. Außerdem wurden drei weitere große Spruchbänder mit den Aufschriften präsentiert: „Was soll die Scheiße, Du Hurensohn?“, „Hopp, Du Bastard“ und „Hopp, Du Hurensohn“. Die Aktion wurde begleitet von beleidigenden Sprechchören („Dietmar Hopp, Du Sohn einer Hure“).“

Im Spiel in Sinsheim am 20.12.2019 wurden dann erneut im Dortmunder Fanblock Banner u.a. mit den Aufschriften „@Hopp wir scheißen auf Dich! Du Hurensohn!!!“ und „Wir wünschen allen ein frohes Fest Und dir dein Letztes!“ gezeigt.

Der Umfang der verbandrechtlichen Haftung des Vereins für das Verhalten seiner Anhänger im eigenen oder fremden Stadion, die auch Gegenstand der Urteile bildet, Stichwort Kollektivstrafe, ist nur eine, auch in diesem Forum oder an anderer Stelle noch zu beleuchtende, Frage von vielen.

An dieser Stelle ebenfalls nicht besprochen werden soll die Frage, ob das von der FIFA vorgegebene 3-Stufen-Verfahren („Three-step procedure for discriminatory incidents„), wonach die Stufe 1 eine Durchsage des Stadionsprechers vorsieht, in der Stufe 2 eine Unterbrechung des Spiels folgt, bei der die Spieler das Feld verlassen, und schließlich in der Stufe 3 der Spielabbruch folgt, eine verhältnismäßige und vom Verbandsrecht gedeckte Maßnahme darstellt.

Hier lautet die Frage vielmehr, was denn zukünftig einen „serious discriminatory“ Vorfall (incident) darstellt, den der Schiedsrichter, in Ausübung der Regel 5 der Fussball-Regeln zur Einleitung des 3-Stufen-Verfahrens zum Anlass nehmen darf oder sogar muss?

Der medial und von den Fangruppen nun vielfach erhobene Vorwurf war der der Ungleichbehandlung. Die Beleidigung eines milliardenschweren Förderers werde geahndet, rassistischen Beleidigung einzelner Spieler führten nicht zu einer Unterbrechung.

9 Nr. 1 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sieht vor, dass eines unsportlichen Verhaltens sich insbesondere schuldig mache,

wer sich politisch, extremistisch, obszön anstößig oder provokativ beleidigend verhält„.

Nr. 2 regelt darüber hinaus:

Wer die Menschenwürde einer Person oder einer Gruppe von Personen durch herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder Handlungen in Bezug auf Hautfarbe, Sprache, Religion, Herkunft, Geschlecht oder sexuelle Orientierung verletzt oder sich auf andere Weise rassistisch und/oder menschenverachtend verhält, wird für mindestens fünf Wochen gesperrt…„.

Der Nr. 2 birgt, da die dort aufgezählten Handlungsweisen ohne weiteres den Straftatbestand der Beleidigung gem. § 185ff StGB erfüllen, nicht die Gefahr einer überbordenden Anwendung oder sogar Zensur. Zumindest ist ihm, dem reinen Wortlaut nach, diese Gefahr nicht immanent.

Problematisch erscheint in dieser Hinsicht jedoch die im Wortlaut des § 9 Nr. 1. der Rechts- und Verfahrensordnung mitschwingende Wertung.

Neben der evidenten Schwierigkeit, dass ein Schiedsrichter binnen weniger Minuten und neben der Leitung des Spielgeschehens als solchem, entscheiden muss, welche Äußerungen von den Rängen als unsportliches, weil beleigindes, Verhalten und als Eingriff von außen oder noch von der Meinungsfreiheit gedeckt anzusehen sind, einer Frage, an der auch Richter und Anwälte im Äußerungsrecht regelmäßig scheitern, nennt die Verordnung mit „politisch, extremistisch, obszön anstößigem Verhalten“ ohne weiteres von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gedeckte Beispiele.

Wohl aufgrund der allgemeinen Aufregung um die Vorgänge im Spiel der TSG gegen den FC Bayern, die in vielfachen Solidaritätsbekundungen ander Vereine und Funktionsträger mit Herrn Hopp mündeten,  aber vielleicht auch aufgrund der Unschärfe des Regelwerks des DFB unterbrach Schiedsrichter Bastian Dankert die Begegnung 1. FC Union Berlin gegen den VfL Wolfsburg nach Sichtung des Banners mit der Aufschrift:

„2017 Kollektivstrafen abgeschafft, nun Hopp hofiert und zwei Schritte zurück gemacht! Fick dich, DFB!“

Eine scharfe, aber zivil- und strafrechtlich durchaus wohl noch zulässige Meinungsäußerung, jedoch vom Wortlaut des § 9 Nr. 1 erfasste Unsportlichkeit, die vom Schiedsrichter allein vom Wortlaut der Verordnung her als Eingriff von außen gewertet werden konnte.

Die Gefahr, dass zukünftig, unter Berufung auf die Causa Hopp, jedwede überspitzte Kritik am DFB und an seinen Funktionären, mit Einleitung des 3-Stufen-Verfahrens geahndet wird, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Gleichzeitig existiert mit Nr. 2 ein starkes Instrument, rassistische Handlungen und Äußerungen der Fans mit der Einleitung des 3 Stufen-Verfahrens zu sanktionieren, das in der Bundesliga, anders als in anderen europäischen Ligen, bis her nicht im ausreichendem Umfang, nämlich überhaupt nicht, angewendet wurde.

Der DFB ist auf der anderen Seite auch nicht gänzlich frei darin festzulegen, was er als zulässige Meinungsäußerung oder als in letzter Instanz zum Spielabbruch berechtigende Äußerung ansieht. Es kann durchaus vertreten werden, dass ein Fußballstadion, zwar nicht originär, aber aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs, auch als Plattform für den Fußball betreffende Meinungsäußerungen dient. Wenn dies so ist, dürfte die Entscheidung über die Zulässigkeit der getätigten Äußerungen im Hinblick auf die fundamentale Bedeutung, die der Meinungsfreiheit für die menschliche Person und die demokratische Ordnung zukommt, nicht im Ermessen des Schiedsrichters als Organ des DFB liegen. Jedenfalls in der sportgerichtlichen Überprüfung einer Strafe wäre dieser Umstand im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte zu berücksichtigen. Andererseits muss dem Schiedsrichter das Recht zustehen, Äußerungen mit einem strafbaren oder die Rechte Dritter verletzenden Inhalt durch Einleitung der 3-Stufen-Verfahrens zu ahnden, um die Sicherheit des Spielbetriebs und den Eingriff in Rechter Dritter zu unterbinden.

 

FAZIT:

Der DFB muss seine Schiedsrichterausbildung um eine äußerungsrechtliche Schulung erweitern. Letztlich wird ein Schiedsrichter aber die schwierige Einzelfall-Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechte, mit der Meinungsfreiheit auf der einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite, nicht bewältigen können. Um einen geordneten Spielbetrieb sicherzustellen, der nicht durch wiederholte Spielunterbrechungen gestört wird, bleibt wohl nur die Maßgabe, dass das 3-Stufen-Verfahren auf offensichtliche, auch für den juristischen Laien ohne weiteres erkennbare, Rechtsverletzungen beschränkt bleiben und die Verfolgung weiterer Verstöße, allein im Spielnachgang durch Staatsanwaltschaft und/oder Verein oder eben DFB erfolgen sollte.

Von |02. März 2020|

URHEBERRECHT AN KÖRPERKUNST: WEM GEHÖRT EIN TATTOO?

Videospiele sollen so authentisch wie möglich sein. Neben gefühlten live-Kommentaren sind auch die Sportler maßstabgetreu abgebildet, und zwar so gut, dass sogar detaillierte Tattoos zu erkennen sind. Das Kopieren eines Tattoos ist jedoch mehr als die bloße naturgetreue Abbildung einer Person. Wer ein von einem anderen Tattookünstler geschaffenes Werk vervielfältigt – sei es auch nur virtuell – begeht einen echten Rechtsbruch.

Aufgrund von unbefugter Vervielfältigung ihrer Tattoos führten in den USA Profisportler wie LeBron James und Kobe Bryant sowie der Tätowierer von Mike Tyson bereits Prozesse mit Sportartikelherstellern und Medienunternehmen. Zwar sind in Deutschland solche Prozesse bisher nicht bekannt, dies kann sich jedoch jederzeit ändern.

1. Urheberschutz amTattoo

Zunächst stellt sich die Frage, ob Tattoos überhaupt Urheberschutz genießen. Voraussetzung für die Schutzfähigkeit ist, dass es sich dabei um ein Werk der persönlichen geistigen Schöpfung handelt. Für diese Einschätzung sind bestimmte Kriterien erforderlich:

  • das Werk muss aus einer persönlichen Tätigkeit hervorgehen und von Menschen geschaffen sein,
  • über einen geistigen Inhalt verfügen
  • und ein gewisses Maß an Individualität und Kreativität (Schöpfungshöhe)

Nicht selten sind zeichnerische Entwürfe und deren Umsetzung als Tattoo erhebliche Kreativleistungen die von Menschen geschaffen werden. Und dank des Prinzips der kleinen Münze, nach welchem die Messlatte in Hinblick auf die Schöpfungshöhe niedrig anzulegen ist, unterliegen selbst die weniger geistreichen Tattoos der Werkeigenschaft.

2. Wer ist Inhaber des Urheberrechts?

Der Urheberschutz entsteht mit der Werkschöpfung. Rechtsinhaber ist dabei der Urheber, also der Schöpfer des Werkes. Der Urheber ist durch das Urheberpersönlichkeitsrecht untrennbar mit dem Werk verbunden. Daraus ergeben sich folgende Rechte des Urhebers:

Selbst wenn das Werk aufgrund einer Bestellung oder Beauftragung erschaffen worden ist, kann der Besteller niemals auch Urheber sein. Diesem kann höchstens ein Nutzungsrecht eingeräumt werden.

3. Nutzungsrecht am eigenen Tattoo

Da das Urheberpersönlichkeitsrecht stets beim Tätowierer liegt, dürfte der Tätowierte an seiner Tätowierung nur ein Nutzungsrecht erwerben. Das gilt selbst dann, wenn das Tattoo wesentlicher Bestandteil des eigenen Körpers geworden und mit diesem untrennbar verbunden ist. Für die Einräumung eines Nutzungsrechts bedarf es einer Vereinbarung zwischen Tätowierer und tätowiertem, woran es in der Praxis fehlen dürfte.

In § 60 UrhG ist geregelt, dass der Besteller eines Werkes dieses zumindest zu nicht gewerblichen Zwecken als Lichtbild beliebig oft vervielfältigen und verwerten darf.

Davon ausgehend, dass keine ausdrückliche Nutzungsrechtsvereinbarung getroffen wurde, ist danach zu fragen, was Tätowierer und Kunde wohl vernünftigerweise vereinbart hätten. Da so ein Tattoo eine ziemlich dauerhafte Angelegenheit ist, dürften die Nutzungsrechte dementsprechend weitgehend sein. Man kann wohl davon ausgehen, dass eine Einschränkung der eigenen Autonomie nicht vereinbart worden wäre. Insofern wird wohl die Vermarktung der eigenen Person auch dann möglich sein, wenn für Abbildungen Geld verlangt wird.

Wird hingegen nur das Tattoo abgebildet, sodass der übrige Körper nicht zu erkennen ist (z.B. Abbildung des Tattoos auf Merchandise-Produkte), dürften die Belange des Tätowierten an seiner körperlichen Autonomie hinter die Rechte des Tätowierers zurücktreten, womit eine gewerbliche Nutzung ohne Einwilligung des Tätowierers nicht zulässig ist.

4. Rechte des Tätowierers

Spricht man dem Tätowierten bei Fehlen einer ausdrücklichen Nutzungsrechteinräumung eine derart weitreichende Nutzungsmöglichkeit zu, so muss man dem Urheber zumindest das Recht auf Urhebernennung gem. § 13 UrhG einräumen.

Wie ist es aber, wenn Dritte, also z.B. Medienunternehmen urheberrechtlich geschützte Tattoos in ihren Videospielen abbilden? Sofern zwischen dem Tätowierten und dem Tätowierer nichts anderes vereinbart ist (ausdrücklich oder konkludent), obliegen die Rechte an dem Tattoo ausschließlich dem Tätowierer. Jeder andere braucht für die Vervielfältigung des Tattoos seine Zustimmung. Eine Vervielfältigung liegt schon dann vor, wenn das Tattoo abfotografiert oder im Videospiel Abgebildet wird.

5. Einschränkungen des Urheberrechts

Aber zum Glück gibt es Ausnahmen. Sobald das Tattoo nämlich bloß unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Hauptfotomotiv ist, ist die Verwertung und Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers erlaubt. Das Tattoo ist dann unwesentliches Beiwerk, wenn man es austauschen könnte, ohne dass sich die Aussage des Bildes verändert. Hier kommt es also maßgeblich auf den Einzelfall an. Steht das Tattoo im Zentrum des Bildes und beeinflusst die Wirkung und den Charakter des Bildes erheblich, kann nicht mehr von einem unwesentlichen Beiwerk ausgegangen werden. Ein Cover-Bild für ein Videospiel kann somit also zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen, als Bewegtbilder in einem Videospiel, wo das Tattoo an einer Person keinen thematischen Einfluss auf den Bildcharakter hat.

Ferner ist im Urheberrecht noch an die Ausnahme der Panoramafreiheit zu denken. Danach ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, zu vervielfältigen. Diese Ausnahme beschränkt sich jedoch auf Werke an sog. öffentlichen Plätzen. Tattoos, die sich am Körper von Personen befinden, fallen hier jedoch nicht drunter.

6. Fazit

Tattoos sind in der Regel urheberrechtlich geschützt. Wird zwischen Tätowiertem und Tätowierer keine ausdrückliche Regelung zu Nutzungs- und Verwertungsrechten getroffen, sind diese anhand der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln. Dabei wird man zu dem Schluss kommen, dass dem Tätowierten sehr weitgehende Rechte eingeräumt werden. Sofern es bei der Abbildung oder Darstellungen einer Person um die Darstellung des Sportlers und nicht des Tattoos geht, bestehen urheberrechtlich keine Bedenken.

 

 

Foto: (c) http://pesforeternal.blogspot.com

Von |18. Januar 2019|