Manipulation im Profisport und der Betrug bei Sportwetten können in Zukunft leichter strafrechtlich verfolgt werden. Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen.

Der organisierte Sportwettbetrug ist ein weitreichendes Problem, was spätestens seit 2005 durch den großen Fußball-Wettskandal um Robert Hoyzer bekannt ist. Dabei liegen Sportmanipulation und Wettbetrug häufig eng beieinander. Über den Fall Hoyzer, sowie die Probleme in der strafrechtlichen Verfolgung von Wettbetrügern im Sport, haben wir bereits berichtet. Aber: Wie sieht es mit der Sportmanipulation abseits von Wetten aus?

Genau diese Konstellation will der Gesetzgeber nun regeln. Die entsprechenden Normen sollen ihren Platz neben den Tatbeständen der Leistungserschleichung und des Kreditbetruges (§§ 265a ff. StGB) erhalten. Laut Gesetzgeber soll die „Integrität des Sports“ geschützt werden. Die Integrität des Sports, also Werte wie Fairness, Toleranz, Teamgeist, Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein…

Sportliche Werte als Rechtsgut – Sind Schwalben nun strafbar?

© sampics / Stefan Matzke

© sampics / Stefan Matzke

Wir erinnern uns an die „Schwalbe des Jahres“ von Arturo Vidal, als er im DFB-PokalHalbfinalspiel Bayern München gegen Werder Bremen über dasSpielfeld flog. Wäre diese nach dem neuen Gesetzesentwurf eine strafbare, weil unsportliche Handlung?

 

 

 

Unter Strafe gestellt werden soll unter anderem die ‚Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben‘. Der vorgeschlagene § 265d Abs. 1 StGB-E lautet wie folgt:

(1) Wer als Sportler oder Trainer einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines berufssportlichen Wettbewerbs in wettbewerbswidriger Weise zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Tatbestand des § 265d StGB-E stellt die reine Manipulationsabsprache unter Strafe. Strafbar sind dabei jene Manipulationen, die einen „hochklassigen Wettbewerb“ mit „berufssportlichem Charakter“ betreffen. Unter der Kategorie des berufssportlichen Wettbewerbs fallen Wettbewerbe, welche von einem Bundesverband oder einer internationalen Sportorganisation veranstaltet werden, mitunter auch Sportveranstaltungen, die im Ausland stattfinden.

Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung bezüglich Gefährdungsdelikte. Zur Erfüllung des Tatbestandes ist somit kein Erfolgseintritt nötig. Die bloße Absprache (Unrechtsvereinbarung) zur negativen Beeinflussung des Spielverlaufs genügt bereits.

Der Straftatbestand setzt ebenfalls keinen Bezug zu Sportwetten voraus. Ausschlaggebend ist, dass zwischen Teilnehmern eines Wettbewerbes eine Absprache stattfindet, die das natürliche sportliche Ergebnis verfälschen könnte.

Die Verletzung sportlicher Werte

Zur Erfüllung des Tatbestandes fordert der § 265d StGB-E, dass es einen Täter (Sportler, Trainer, Schieds- Kampfrichter) gibt, der einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Im Gegenzug sorgt der Täter für eine wettbewerbswidrige Beeinflussung eines berufssportlichen Wettbewerbes zu Gunsten des Gegners.

Bezogen auf die Schwalbe von Arturo Vidal bedeutet dies folgendes:

Die Schwalbe von Arturo Vidal ist ohne Frage ein unsportliches Verhalten und verstößt somit gegen die Integrität des Sports. Er wird sich dadurch auch einen Vorteil (Elfmeter) erhofft haben, welchen er auch hätte einfordern können (sofern der Schiedsrichter zu seinem Gunsten entschieden hätte). Ebenfalls fand das Ganze in einem berufssportlichen Wettbewerb statt. Es ist aber stark davon auszugehen, dass es keine Unrechtsvereinbarung zwischen Vidal und einer dritten Person gab, die darauf abzielte bewusst diese Schwalbe auszuführen. Ebenfalls könnte eine Schwalbe lediglich zu seinem eigenen Vorteil dienen. Der Straftatbestand der „Sportmanipulation“ fordert aber die Vorteilsschaffung zugunsten des Wettbewerbsgegners. Mithin darf sich Arturo Vidal freuen, eine Schwalbe fällt nicht unter den strafrechtlichen Tatbestand der Sportmanipulation.

Anders wäre es bei folgendem Fall: In einem Turnier verständigen sich zwei Mannschaften, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, weil beide Mannschaften somit im Turnier sicher eine Runde weiter wären (oder um einen Klassenerhalt zu sichern). Auch von einem solchen Verhalten ist die Integrität des Sports betroffen. Hier gibt es mindestens zwei Täter, die eine Vereinbarung miteinander schließen, welche den natürlichen Spielverlauf beeinflusst – mithin wettbewerbswidrig ist – und neben seinen eigenen Vorteil zumindest auch dem Vorteil des Wettbewerbsgegners dient.

Eine solche Vereinbarung würde somit unter die Norm des § 265d „Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben“ fallen und – laut Gesetz – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

Die Integrität des Sports als Schutzgut umfasst Werte, die aus dem Sport heraus entstehen

Eine Wahrung dieser Werte sollte alleine durch den Sport vermittelt werden. Es ist jedenfalls zu viel des Guten – trotz aller sozialer Bedeutung des Sports – ein unsportliches Verhalten strafrechtlich zu sanktionieren. Welche Werte ein Sport besitzt, variiert je nach Sportart. So hat beispielweise im Radsport die „sportsmanship“ eine hohe Bedeutung.  Im Fußball ist es hingegen salonfähig „den sterbenden Schwan“ zu spielen und damit Karten für den Gegner zu fordern.

Es ist nicht selten, dass im Radsport jemand auf seinen Sieg verzichtet, um damit den hohen Kampfgeist seines Gegners zu würdigen. Auch ist es in solchen Fällen üblich, dass der Gegner (dem der Sieg geschenkt wurde) als Dank Teile des Preisgeldes an seinen Gönner abgibt. Bleibt die Frage, welchen Sport und welche Werte der Gesetzgeber eigentlich schützen will.

Schaut man sich noch die weitere Norm an, die der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang einführt, wird die eigentliche Zwiespältigkeit dieser Vorschriften deutlich.

Gemäß § 265c ist der Tatbestand des Sportwettbetrugs dann erfüllt, wenn ein Sportler oder Trainer einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er den Verlauf oder das Ergebnis eines Wettbewerbs des organisierten Sports zugunsten des Wettbewerbsgegners beeinflusst und infolgedessen ein rechtswidriger Vermögensvorteil durch eine auf diesen Wettbewerb bezogene öffentliche Sportwette erlangt wird. Gleiches gilt für Schiedsrichter und die Person, die Sportlern, Trainern oder Schiedsrichter einen Vorteil für eine solche Leistung anbietet.

Kern dieses Straftatbestandes ist das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen und Annehmen von Vorteilen als Gegenleistung für eine Manipulationshandlung mit Sportwettbezug.

Der Straftatbestand ist – als Gefährdungsdelikt – bereits mit der bloßen Absprache (Unrechtsvereinbarung) erfüllt, unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer Manipulationshandlung oder zum Wetteinsatz gekommen ist.

Diese Vorschrift dient dem Vermögensschutz von Wettanbietern, Wettteilnehmern sowie von in sonstiger Weise durch die Manipulation von Sportwetten Betroffener. Es sind also finanzielle Interessen, die als Schutzgut übrig bleiben. Diese sollen durch das hier geschaffene Gefahrenabwehrrecht bereits im Vorfeld von möglichen Schäden gesichert werden.

Welche Rechtsgüter sollen nochmal geschützt werden?

Es scheint dem Gesetzgeber vordergründig doch um den Wirtschaftsfaktor Sport zu gehen. Ein Gesetz zum Schutz der wirtschaftlichen Macht des Sports unter dem Mantel seiner Integrität zu verpacken ist definitiv nicht im Sinne des Sports.

Geht es um die Bekämpfung der mit Wetten allgemein verbundenen Kriminalität, wäre eine Regelung der Gefahrenabwehr für alle Wettbereiche – und nicht nur für Sportwetten – zielführender.

Sportliche Werte sollten nicht durch staatliche Eingriffe postuliert werden. Ist die Integrität des Sports in Gefahr, sollten Verbände und Funktionäre aktiv werden und sich für Fairplay, Teamgeist und Leistungsbereitschaft einsetzen.

 

 

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