Am Donnerstag entscheidet der BGH erstmals, ob eine Gruppierung von Fußball-Hooligans als kriminelle Vereinigung einzustufen ist. Der BGH überprüft damit eine Entscheidung des Landgerichts Dresden, in dem fünf Mitglieder der Gruppe „Hooligans Elbflorenz“ u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt wurden. Die Angeklagten sollen die Gruppierung gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen des SC Dynamo Dresden verübt haben.

Die „Fan“-Gewalt rund um Fußballspiele gibt es seit Jahrzehnten, sie ist eine hässliche Begleiterscheinung der Bundesliga, die im Jahr 1962 gegründet wurde. Die Schlägereien sind schon länger aus den Stadien und Stadtzentren verschwunden, sie finden inzwischen kaum mehr affektartig statt, sondern sind verabredet und haben sich auf abgelegene Orte verlagert, bei dem die Schläger „unter sich“ sind.

Die interessante Frage des Urteils ist also im Grunde, ob es strafbar ist, sich einvernehmlich und organisiert gegenseitig „auf die Fresse zu hauen“.

Schlägereien können unter folgenden Gesichtspunkten strafbar sein:

  1. Körperverletzung (§ 223 StGB) in all ihren Begehungsformen (gemeinschaftlich, mit schweren Folgen, unter Einsatz von Schlagwerkzeugen etc.) -> Freiheitsstrafe bis zu 5, in schweren Fällen bis zu 10 Jahren
  2. Landfriedensbruch (§ 125 StGB), erfasst quasi tatbestandlich die öffentliche Massenschlägerei, bei der die öffentliche Sicherheit (andere Menschen und Sachen) mindestens bedroht wird -> Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren
  3. Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB), bestraft schlicht bereits die Teilnahme an einer Schlägerei, bei der jemand schwer verletzt oder getötet wird -> Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren

Die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ist im Zusammenhang mit Hooligans bislang kaum von Bedeutung gewesen, vermutlich weil die „Organisation“ der Schlägereien nicht im Focus stand. Sie ist nach § 129 StGB strafbar und wird – im Gegensatz zu anderen in Frage kommenden Straftatbeständen – mit 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Zudem setzt sie nicht voraus, dass Straftaten tatsächlich verübt werden, sondern nur, dass die gemeinsame Absicht dazu besteht:

§ 129 Abs. 1 StGB: Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Problem: § 129 StGB setzt eine – wenn auch nur beabsichtigte – Straftat voraus. Gemeinsamer Zweck einer kriminellen Hooligan-Vereinigung sind Schlägereien, bei denen es zu Körperverletzungen kommt (siehe oben bei den unter 1 bis 3 genannten Straftatbeständen). Bei der „verabredeten“ Schlacht nehmen die Teilnehmer aber in Kauf, selbst ordentlich Prügel zu beziehen und eine Strafbarkeit entfällt immer dann, wenn das Opfer eingewilligt hat. Sind die Hooligans also nur harmlose Tylor Durdens oder eine andere Art der schlagenden Studenten-Verbindung?

Nimmt man ein jüngeres Urteil des BGH zum Vorbild, sind sie es nicht. Dort konnten sich die Angeklagten, die sich zur Schlägerei verabredet hatten, nicht darauf berufen, die gegenseitigen Körperverletzungen seien – wie beim sportlichen Wettkampf – einvernehmlich erfolgt. Die Sichtweise des BGH ist vielmehr: Auch einvernehmliche Prügeleien können jederzeit eskalieren. Im Gegensatz zu Kampfsportarten fehlt ein festes Regelwerk, das durch Schiedsrichter kontrolliert wird. Zwar können sich auch Sportler strafbar machen, wenn sie andere Sportler während des Wettkampfes verletzen, allerdings nur, wenn dies grob regelwidrig bzw. mit Verletzungsvorsatz geschieht.

Hooligan-Schlägereien sind aber weder Sportliche Wettkämpfe noch Events. Trotz Verabredung sind sie in der Regel unkontrolliert, d.h. es gibt kein oder nur ein spärliches Regelwerk, dass die Beteiligten vor schweren Schäden schützen soll. Zudem ist es solchen Prügelorgien auch immanent, dass auch die Umgebung (andere Personen, Sachen) betroffen sein kann und dass einzelne Teilnehmer die Folgen des Mitmachens unterschätzen oder aus Gründen der Gruppendynamik teilnehmen.

 

 

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