Im Finale des spanischen Pokals, des Copa del Rey standen sich am 30. Mai diesen Jahres der katalanische FC Barcelona und der baskische Verein Athletic Bilbao gegenüber. Im Camp Nou, dem Stadion des FC Barcelona, gewann dieser unspektakulär mit 3:1. Das eigentliche Spektakel ereignete sich vor dem Anpfiff. Als die Nationalhymne ertönte, setzte ein gellendes Pfeifkonzert ein. Dieses galt sowohl dem anwesenden Staatsoberhaupt Spaniens, König Felipe VI., als auch der Hymne selbst. Dies ist nicht verwunderlich, da vor allem in Katalonien und im Baskenland starke Unabhängigkeitsbewegungen ansässig sind, die teilweise sogar eine Abspaltung vom spanischen Staat erreichen wollen.

Protestaktion mit juristischem Nachspiel

Als Reaktion auf das Pfeifkonzert hat die spanische „Staatskommission gegen Gewalt, Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz im Sport“ beide Vereine mit Geldbußen belegt. Barcelona muss 66.000 €, Bilbao 18.000 € zahlen, da sie Vorkehrungen hätten treffen müssen, um ein derartiges Ereignis zu verhindern. Der Sport dürfe nicht als politische Bühne missbraucht werden. Der spanische Fußballverband wurde mit einer Strafe von 123.000 € belegt, da er als „Hauptorganisator“ nur unzureichende Maßnahmen ergriffen habe, um dem „intolerablen Verhalten“ vorzubeugen. Eine Reihe katalanischer Organisationen, die das Pfeifkonzert initiiert hatten, müssen  ebenfalls Geldbußen zahlen.

Ähnliche Vorfälle bereits 2009 und 2012

Die Pokalfinale 2009 und 2012 wurden ebenfalls zwischen dem FC Barcelona und Athletic Bilbao ausgetragen. Vor dem Anpfiff kam es während der Nationalhymne zu ähnlichen Vorfällen, zudem wurden Transparente gezeigt, auf denen „good bye Spain“ zu lesen war. Im Jahr 2009 wurden deshalb zwei katalanische Unabhängigkeitsorganisationen wegen „Verunglimpfung der Monarchie“ angezeigt. Der Richter stellte damals jedoch fest, dass diese Form der Staatskritik von der Meinungsfreiheit geschützt sei und weder den König selbst noch den Staat geschmäht habe. In diesem Jahr warnte die spanische Regierung beide Vereine und den spanischen Verband vor einer Wiederholung und drohte vorsorglich mit Strafe.

Die Meinungsfreiheit muss sich durchsetzen

Der FC Barcelona kündigte bereits an, Einspruch gegen die gegen ihn verhängte Geldstrafe einzulegen. Die Aktion sei zwar nicht vom Verein gesteuert gewesen, er respektiere sie aber voll und ganz. Natürlich darf man sich an dieser Stelle fragen, warum der FC Barcelona das Verhalten seiner Fans stützt und gleichzeitig an einem Pokalwettbewerb teilnimmt, der Copa del Rey, also sinngemäß „Königspokal“ heißt. Selbiges gilt für die Fans, am konsequentesten wäre auch hier ein Boykott des Wettbewerbs. Jedoch muss sich auch die spanische Staatskommission fragen, wie unpolitisch ein Wettbewerb überhaupt sein kann, wenn sogar sein Name ein politisches Statement beinhaltet. Jedenfalls kann man ein solches Ereignis schlichtweg nicht verhindern, oder sollte man in Zukunft die Fans bei den Einlasskontrollen nach ihrer politischen Gesinnung fragen und diejenigen mit einer unpassenden aussortieren? Insofern sind die Strafen für die beiden Vereine eine Farce. Auch stellt ein Pfeifkonzert kein „intolerables Verhalten“ dar. Zwar erklärt sich aus der spanischen Staatsform eine besondere Sensibilität bezüglich der Person des Königs. Die Pfiffe sind jedoch eindeutig als von der Meinungsfreiheit nach Art. 20 der spanischen Verfassung geschützt anzusehen. Diese findet ihre Grenze unter anderem im Recht der persönlichen Ehre. Überträgt man das Urteil aus dem Jahr 2009, erkannt man, dass Pfiffe den König oder den spanischen Staat nicht derart schmähen, dass die Meinungsfreiheit zurückstehen müsste. Zweifelhaft ist auch der Erfolg, der mit den Geldbußen bezweckt wird. Abgesehen davon, dass man solche Ereignisse auch in Zukunft nicht verhindern wird, könnte diese Einschränkung der Meinungsäußerung eine weitere Entfremdung der politisierten Fans von einem Staat herbeiführen, der sich in diesem Fall selbst als intolerant darstellt.

 

 

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