Müssen es vermeintlich gewaltbereite Fußballfans hinnehmen, dass ihr Bildnis im Rahmen einer Presseberichterstattung über Hooligans im Fußball veröffentlicht wird?

Mit dieser Frage befasste sich das LG Frankfurt a.M. und wies die Unterlassungsklage eines Fußball“fans“ gegen einen deutschen Zeitungsverlag ab. Aber aufgepasst! Das Urteil betrifft einen Einzelfall. Aus ihm lässt sich keine generelle Erlaubnis entnehmen, Personen, die vermeintlich der Hooligan Szene angehören, in der Presseberichterstattung abzubilden.

Der aus Ungarn stammende Kläger war im Rahmen eines Beitrags in der Online-Version der Zeitung fotografisch abgebildet. Der Beitrag lautete „Hooligans – Einblick in die Kampfzone hinter der Tür“ und nahm Bezug auf die Gewaltexzesse während der Fußball EM 2016 in Frankreich. Auf dem Foto, das den Beitrag illustriert, ist der Kläger während eines Fußballmatches der Europameisterschaft mit hochgerissenen Armen und nacktem Oberkörper, auf seinem Bauch die Tätowierung „Hooligan“, zu erkennen. Unter dem Bildnis steht „Nicht beim Matchen, sondern als Zuschauer beim Spiel: ein ungarischer Hooligan während der EM in Frankreich“.Das Bild stammt von einem Agenturfotografen, der im Auftrag der UEFA (Veranstalterin der Fußball Europameisterschaft) handelte. Der Kläger hatte ähnliche Fotos von sich auf seinem Facebookprofil verbreitet.

  • Auf welche Rechte beruft sich der Kläger?

Es geht um Bildnisrechte, also nicht um Rechte an dem Foto selbst (daran besteht ein Urheberrecht zugunsten des Fotografen), sondern um Rechte an der Abbildung des Klägers auf dem Bild. Die Verwendung des Bildnisses des Klägers durch die Zeitung berührt seine Persönlichkeitsrechte. Die Zulässigkeit solcher Bildnisveröffentlichungen richtet sich in Deutschland nach dem KUG (Kunsturhebergesetz). Deutsches Recht ist einschlägig, weil die Veröffentlichung in Deutschland stattfand.

  • Warum ist die Bildverwendung nach dem KUG zulässig?

Die Bildverwendung ist nach dem KUG zulässig, wenn der Abgebildete eingewilligt hat (§ 22 S. 1 KUG) oder einer der im Gesetz vorgesehenen Erlaubnistatbestände (§ 23 Abs. 1 KUG) vorliegt.

  • Gilt eine Einwilligung in die Bildnutzung in den UEFA Ticketbedingungen auch zugunsten der Presse?

Die Zeitung meint, der Kläger habe in die Bildnutzung eingewilligt, als er das Ticket für das Fußballspiel erworben habe. In diesem Zusammenhang musste der Kläger nämlich die Ticket-AGB der UEFA anerkennen. Die UEFA lässt sich in ihren AGB Rechte zur Veröffentlichung von Fotos einräumen lassen, die die von der UEFA akkreditierten Fotografen während des Spiels aufnehmen.

Problematisch ist hierbei, dass die Erlaubnis allenfalls der UEFA gegenüber gilt, nicht aber zwangsläufig auch die Presse legitimiert, mit der der Ticketinhaber gar keinen Vertrag hat. Daher ist durch Auslegung der Klausel in den UEFA Ticket AGB zu ermitteln, ob die Einwilligung des Klägers auch Verwendungen von Abbildungen des Klägers erfasst, die zwar durch UEFA-Fotografen angefertigt aber von der Presse veröffentlicht werden.

Zu Recht kommt das LG Frankfurt a.M. zu dem Ergebnis, dass eine Einwilligung die konkrete Presseberichterstattung nicht mehr erfasst. Sofern von der Einwilligung gegenüber der UEFA überhaupt Closeups des Klägers gedeckt sind (daran hat das Gericht bereits Zweifel), könne diese nur soweit reichen, wie es Aufnahmen und Veröffentlichung dieser Aufnahmen betrifft, die notwendig sind, um eine bebilderte Berichterstattung über das Fußballspiel zu machen. Darunter falle ein Beitrag, der sich mit der Hooligan Szene (und nicht mit dem sportlichen Ereignis als solchem) befasse, nicht.

  • Liegt ein zeitgeschichtliches Ereignis vor?

Allerdings ist das Gericht der Auffassung, die Presse sei zur Fotonutzung berechtigt, weil die Abbildung ein zeitgeschichtliches Ereignis betreffe (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen veröffentlicht werden, wenn Personen erkennbar sind. Voraussetzung ist, dass (a) ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt und (b) eine Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Verwendung das Interesse des Abgebildeten, nur selbst über die Verwendung seines Bildnisses zu entscheiden, überwiegt.

Das Gericht geht korrekt davon aus, dass die Aufnahme des Klägers im Kontext eines zeitgeschichtlichen Ereignisses – nein nicht der Fußball EM in Frankreich, sondern den Gewaltexzessen im Zusammenhang mit dem konkreten Spiel (bei dem auch das Foto vom Kläger gemacht wurde) – entstanden ist. Über die Ausschreitungen wurde in den Medien berichtet. Der Kläger befand sich in dem Stadionabschnitt, in dem die Gewalt auftrat.

  • Überwiegt ein öffentliches Interesse das Interesse des Abgebildeten?

Darüber lässt sich streiten. Das LG Frankfurt a.M. geht von einem überwiegenden öffentlichen Interesse aus. Der Kläger sei angesichts seiner Pose, seines Tattoos und angesichts der Tatsache, dass er sich im Stadionblock befand, in dem die Gewalt auftrat, eine Art „Symbolfigur“ für den Zeitungsbeitrag über Hooligans. Zudem werde durch die Bildunterschrift deutlich, dass die Zeitung gerade nicht behaupte, der Kläger sei einer der Schläger. Dass er vergleichbare Fotos von sich über Facebook verbreite, mindere seinen Anspruch auf Schutz der Privatsphäre.

Es trifft wohl zu, dass der Kläger durch sein Auftreten im Stadion und die Verbreitung ähnlicher Fotos in seinem Facebookprofil selbst aus der Privatsphäre tritt, was seine Position in der Abwägung mit dem (öffentlichen) Informationsinteresse verschlechtert (siehe auch BVerfG – 1 BvR 2499/09). Ob das aber soweit geht, dass ihn die Bildberichterstattung, aus der Masse hervorgehoben, zur Symbolfigur für Hooligangewalt (an der er womöglich nicht beteiligt war), benutzt, ist zu bezweifeln. Die Berichterstattung betrifft zudem nicht Tagesgeschehen, sondern der fragliche Onlineartikel ist ein Hintergrundbericht über die Hooliganszene, bei der die Geschehnisse während der Europameisterschaft lediglich Aufhänger sind. Zu berücksichtigten ist auch: der Kläger war womöglich ein Poser aber kein Schläger. Dann aber treffen ihn die Folgen der Veröffentlichung seines Bildnisses hart, vielleicht zu hart.

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