Paukenschlag in Karlsruhe! Der BGH spricht dem Leichtathleten Charles Friedek einen Schadensersatzanspruch gegen den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu. Letzterer hatte dem Athleten zu Unrecht die Olympiateilnahme verweigert. Mit dem Revisionsprozess geht ein sieben Jahre langer Rechtsstreit des Leverkuseners mit dem DOSB zu Ende, oder besser gesagt: eine Etappe. Denn in weiteren Gerichtsverfahren muss nun noch über die Höhe des Schadensersatzes entschieden werden.

Den ersten Schadensersatz-Prozess 2011 vor dem Landgericht Frankfurt/Main gewann Friedek. Auf die Berufung des DOSB hob das Oberlandesgericht Frankfurt/Main das Urteil zwei Jahre später auf. Hiergegen ging Friedek in Revision vor dem BGH.

Die aktive Zeit des Leichtathleten Charles Friedek liegt schon etwas zurück. Charles Friedek wurde 1999 Weltmeister in seiner Paradedisziplin, dem Dreisprung. Im Jahr 2008 scheiterte er in just dieser Disziplin an den Leistungsanforderungen des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) für eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Peking. Der DOSB entscheidet darüber, welche Athleten zu den Olympischen Spielen fahren. Daher ist er in der Beklagtenrolle. Friedek hatte er seinerzeit nicht nominiert.

Charles Friedek ist der Meinung, er habe damals die Olympianorm erfüllt. Der DOSB sieht das anders. Es geht um eine Auslegung der Nominierungsrichtlinien und die Frage, ob Charles Friedek die geforderte Mindestweite von 2 x 17m innerhalb eines Wettkampfes (das hatte Friedek geschafft) oder innerhalb verschiedener Wettkämpfe erreichen musste. Beim Leichtathletik-Meeting in Wesel im Juni 2008 war Friedek im Vorkampf 17,00 m und im Endkampf am selben Tage 17,04 m gesprungen. In späteren Wettkämpfen erreichte er die Weite von 17,00 m nicht mehr bzw. nur mit unzulässigem Rückenwind. Der DOSB steht auf dem Standpunkt, die Leistung hätte in verschiedenen Wettkämpfen erbracht werden müssen. Nach dem BGH geben die Nominierungsrichtlinien eine solche Auslegung nicht her.

Friedek fordert vom DOSB Schadensersatz für die entgangene Olympiateilnahme. Insgesamt geht es wahrscheinlich um eine Summe von rund 130.000 EUR, vielleicht sogar mehr. Friedek beklagt entgangene Einnahmen aus Werbeverträgen, Prämien und Antrittsgeldern. Nicht auszudenken, wenn er Olympiasieger geworden wäre. Aber das ist hypothetisch.

Nach der Causa Pechstein, die vor dem OLG München Aufsehen erregte (wir berichteten), ist der Fall Friedek der zweite Fall, in dem ein Sportler Schadensersatz vom Verband fordert. Während im Fall Pechstein noch über den Schadensersatzanspruch zu entscheiden ist, hat Friedek dieses Ziel bereits erreicht. Es zeigt sich, der Verbandssport und sein Regelwerk sind angreifbar. Verbände müssen sich bewusst sein, dass viele ihrer Entscheidungen künftig zivilgerichtlich auf dem Prüfstand stehen. Wenn die Verbände nicht wollen, dass ihnen die Klärung der sportrechtlichen Fragen mehr und mehr aus den Händen genommen werden, erfordert das besondere Sorgfalt und Professionalität bei der Erstellung der Regeln und der Sportgerichtsbarkeit, die sich dringend erneuern muss, um in den Sportangelegenheiten faire Verfahren zu garantieren.

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