Kommt es in Stadien während Sportveranstaltungen zu Zuschauerausschreitungen, so bittet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die ausrichtenden Vereine zur Kasse. Die Verbandsstrafe muss zunächst der Verein selbst tragen, er kann jedoch die Zuschauer aufgrund ihres Fehlverhaltens in Regress nehmen. Dies entschied das Landgericht Köln und zeigte damit auf, dass randalierenden Zuschauern ihr Verhalten äußerst teuer zu stehen kommen kann.

Was ist passiert?

Am 09.02.2014 fand im Stadion des 1. FC Köln die Partie der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn statt. Ein Anhänger des 1. FC Köln, der sich von einem Bekannten eine Dauerkarte ausgeliehen hatte, zündete während des Spiels einen pyrotechnischen Gegenstand und warf diesen vom Ober- in den Unterring, nachdem er zuvor bereits eine Zigarette in den Unterring warf und daraufhin von einem Ordner ermahnt wurde. Durch die Explosion des Gegenstands wurden sieben Zuschauer verletzt.

Das Sportgericht des DFB verurteilte den 1. FC Köln infolgedessen wegen diesen und vier vorangegangener Vorfälle zu einer Gesamtgeldstrafe von 50.000€. Weitere 30.000€ sollte der Verein für präventive Maßnahmen aufwenden, was er auch tat, wobei ein Betrag von etwa 20.000€ angerechnet wurde, für den ein hochauflösendes Kamerasystem angeschafft wurde. Nachdem die Geldstrafe vom Verein bezahlt wurde, verlangte der Verein vom randalierenden Zuschauer, einen Betrag in Höhe von 30.000€ zu erstatten.

Insgesamt seien dem Verein durch die Vorfälle ein Schaden von 60.000€ entstanden, von dem die Einzelstrafe des Vorfalls vom 09.02.2014 die Hälfte ausgemacht habe – der Wurf des Knallkörpers war dementsprechend 30.000€ „wert“.

Da der Beklagte sich für das Spiel die Dauerkarte eines Bekannten lieh, was der 1. FC Köln seinen Dauerkarteninhabern auch gestattet, trat er in die Rechte und Pflichten des Dauerkarteninhabers ein. Dadurch entstand zwischen ihm und dem Verein ein Schuldverhältnis, das die Parteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet.

Durch den Wurf des Knallkörpers auf den Unterrang verletzte der Beklagte sowohl die Stadionordnung, als auch jene Rücksichtspflichten. Dass der Beklagte in diesem Moment betrunken gewesen ist, ändert nichts daran, dass er diese Verletzung der Rücksichtspflicht vertreten muss. Hierfür hätte er beweisen müssen, dass er ohne eigenes Verschulden in den alkoholisierten Zustand geraten ist.  Dies dürfte im Rahmen von Fußballspielen regelmäßig nicht gelingen.

Die generelle Möglichkeit des Regresses

Das Gericht stellte außerdem fest, dass es einem vom Sportgericht bestraften Fußballverein nicht grundsätzlich verwehrt ist, von den randalierenden Zuschauern vollumfänglichen Ersatz für geleistete Verbandsstrafen zu verlangen. Dies jedoch nur insoweit das Verhalten des Zuschauers für diese Strafe ursächlich war. Auch ist es dem Verein nicht wegen des präventiven Strafzwecks der Verbandsstrafe nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt, die Strafe vom Zuschauer erstattet zu verlangen.

Grundlage für die Verurteilung des 1. FC Köln war § 9a Nr. 1 und 2 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB:

§ 9a Verantwortung der Vereine

  1. Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich.
  2. Der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften haften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.

§ 9a statuiert eine Haftung, die unabhängig von eigenem Verschulden auch für das Verhalten anderer, beispielsweise der Zuschauer gilt. In dieser verschuldensunabhängigen Haftung des Vereins liegt nach Ansicht des Gerichts vielmehr ein Grund für die Abwälzung von Verbandsstrafen auf randalierende Zuschauer.  Denn wenn der Preis für einen geworfenen Knallkörper wie hier 30.000€ beträgt, wird sich ein Zuschauer in Zukunft mehrmals überlegen, ob es das wert ist. Somit erfüllt die Möglichkeit, Zuschauer in Regress zu nehmen, einen präventiven Zweck. Auch nach Ansicht des Kontrollausschusses des DFB sollen Geldstrafen, die den Vereinen auferlegt werden, wenn möglich an die eigentlichen Täter weitergegeben werden.

Mitverschulden durch lasche Eingangskontrollen?

Das Gericht wies auch ein Mitverschulden des 1. FC Köln zurück, das der Beklagte unterstellt hatte. Dieser argumentierte unter anderem damit, dass es ihm durch eine nicht ordnungsgemäß vorgenommene Einlasskontrolle erst ermöglicht wurde, einen Knallkörper ins Stadion zu „schmuggeln“. Dem hielt das Gericht entgegen, dass es dem Sinn und Zweck des Mitverschuldens nach § 254 BGB widersprechen würde, wenn der Zuschauer, der dem Verein durch den Wurf des Knallkörpers einen erheblichen finanziellen Schaden zugefügt hat, sich darauf berufen könnte, der Verein sei dafür selbst verantwortlich, wenn er darauf vertraut habe, dass er derartiges nicht tun werde.

 

 

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